ARTE 15.12.2008 Mo 23:40 Zidane - Ein Porträt im 21. Jahrhundert
ARTE 21.12.2008 So 1:10 Zidane - Ein Porträt im 21. Jahrhundert
ARTE 07.01.2009 Mi 3:00 Zidane - Ein Porträt im 21. Jahrhundert
Laufzeit: 90 Minuten
Dokumentarfilm, F 2006
Zinédine Zidane, einer der größten Fußballer aller Zeiten, steht im Zentrum dieses Dokumentarfilms. Das Porträt gewährt einzigartige und überraschende Einblicke in die psychologischen und körperlichen Abläufe eines Athleten in Aktion.
Zitat
Hellmuth Costard strapazierte mit seinem Film "Fußball wie noch nie" 1971 die Sehgewohnheiten des damaligen Fernsehpublikums. Feuilleton wie Fußballwelt verrissen mehrheitlich das experimentelle Werk. So schickte ein Nationalspieler dem Regisseur einen handsignierten Ball: "Selten so einen Scheißfilm gesehen. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Hennes Löhr."
Costard hatte es gewagt, über die Dauer des gesamten Spiels Manchester United - Coventry City (2:0) die Kameras ausschließlich auf einen einzigen Spieler zu richten: George Best, den damals bereits legendären Stürmer von Manchester United. Nichts vom Spiel ist zu sehen, was nicht in unmittelbarer Umgebung von Best passierte. Dafür sieht man alles, was Best in 90 Minuten tat.
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In gewisser Weise ist der französische Film "Zidane - A 21st Century Portrait" (2006) von Douglas Gordon und Philippe Parreno eine Wiederholung des Konzepts von Costard, eine Neuauflage mit dem Weltstar Zinédine Zidane während eines Spiels der spanischen Liga zwischen Real Madrid und Villareal (April 2005).
Zidanes Bewegungsabläufe, sein Zweikampfverhalten, seine Ballbehandlung und seine Interaktion mit Mitspielern, Gegenspielern und dem Schiedsrichter - sein unverwechselbarer Stil: Sie werden für die Nachwelt konserviert. Und es sind Eigenarten Zidanes erkennbar, die in den TV-Übertragungen der Spiele nicht Thema waren: Zidanes ungewöhnlich starkes Schwitzen etwa oder seine besondere Form des Schlurfens (wiederholt lässt er seine Fußspitze über den Rasen gleiten, wenn das Spiel gerade woanders läuft).
Das Ligaspiel bot vieles von dem, was die Persönlichkeit des Fußballers Zidane ausmachte: Das Ausgleichstor bereitete er in Weltklassemanier vor, in einer anderen Szene sieht man ihn mit Roberto Carlos feixen, wobei sich ein Lächeln in seine sonst stoische Mimik brennt, das noch minutenlang auf den Gesichtszügen erkennbar bleibt. Kurz darauf fliegt Zidane nach Rudelbildung und Tätlichkeit vom Platz.
Nicht zuletzt aber ist "Zidane - A 21st Century Portrait" ein audio-visuelles Feuerwerk, ein mit der Sprache des Films experimentierendes Kunststück, mit Schärfenverlagerungen und im Kontext Fußball ungewöhnlichen Kadrierungen (close-up, Detailaufnahmen), Kamerapositionen und -perspektiven, Reißschwenks, 360°- Schwenks. Die Tonspur ist eine Collage aus Stadionlärm, Musik, Wortfetzen, atmosphärischem Ton. Am unteren Bildrand eingeblendete Titel eröffnen zudem eine über Costards Konzept hinausgehende Dimension, die teils als innerer Monolog Zidanes, teils als Selbstreflexion des Filmemachers zu verstehen ist.
Fußballfans werden vielleicht mit der filmischen Form ihre Probleme haben, wie die Cineasten den Fußballgehalt gewöhnungsbedürftig finden mögen. Doch alle, die Fußball und Film lieben, werden diese Arbeit als Meilenstein des Fußballfilms feiern.
"Zidane - A 21st Century Portrait", Arte, 23.40 Uhr.
Zidane: Über Gras gleitende Fußspitzen | Frankfurter Rundschau - Medien