von Torsten Thissen

Es ist früher Morgen des Ostersonntags, als ein 37 Jahre alter Wasserbauingenieur an der Haltestelle "Charlottenhof" in Potsdam steht. Der Ingenieur hatte sich im Laufe der Nacht in einer Disco gestritten, es war zu einer Rauferei gekommen, dann wollte er mit dem Bus nach Hause fahren. Doch der Busfahrer hatte ihn rausgeschmissen. Auch hier hatte der Ingenieur gepöbelt, weil der Fahrer ihm auf einen 20-Euro-Schein nur Münzen herausgeben konnte.

Nun ruft er seine Frau an, die aber nicht abnimmt. Er spricht unverständlich und lallend (2,08 Promille), auf die Mailbox. Von hinten kommen zwei Männer. Nach allem, was man weiß, handelt es sich um den 29 Jahre alten Björn L. und den 30jährigen Thomas M. aus der Potsdamer Türsteherszene, bullig, groß, kräftig. Doch auch der Ingenieur ist kräftig, 1,97 Meter groß. Er ruft den beiden "ihr Schweine" hinterher, als sie ihn links und rechts überholen. Die Männer drehen sich um und beschimpfen ihn. Er fängt an, sie zu treten. Da schlägt einer von ihnen - nach Informationen der WELT Thomas M. - dem Mann mit aller Kraft ins Gesicht. Der Ingenieur fällt zu Boden und schlägt so hart und so unglücklich mit dem Kopf auf dem Bordstein auf, daß er das Bewußtsein verliert. Später stellen die Ärzte fest, daß die Verletzung, die der Ingenieur durch den Sturz auf den Bordstein erlitten hat, lebensbedrohlich ist. Eine zwölfköpfige Sonderkommission bei der Potsdamer Polizei nimmt ihre Arbeit auf. Sie ermittelt wegen versuchten Mordes und schweren Raubes. Es ist ein Streit zwischen drei Betrunkenen mit unglücklichem Ausgang an diesem Ostersonntag in Potsdam, ein Streit, wie er tagtäglich in Deutschland passiert. Was ihn von den Tausenden anderen Fällen, wenn aggressive Betrunkene übereinander herfallen unterscheidet, ist die Hautfarbe des Opfers Ermyas M.
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M. ist schwarz. Deshalb übernimmt der Generalbundesanwalt Kai Nehm die Ermittlungen. Er sieht in diesem Streit mit tragischem Ausgang eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland.

Wieder einmal geht es um Rassismus, den Terror von rechts, die Fremdenfeindlichkeit in Brandenburg, den neuen Ländern, im ganzen Land.

Und wieder einmal liegt das ganze Land auf der Couch statt gegen Rechts zu demonstrieren.

http://www.welt.de/data/2006/04/24/878006.html