eXma » Diskutieren » Stadtgeschehen
Startseite - Veranstaltungen - Mitglieder - Suche
Vollständige Version anzeigen: Dresden vs. Architektur
st.b
Hallo (eingeborene und zugezogene) Dresdner Studenten!

Ich benötige mal, um meinen eigenen Kompass zu norden, die Meinung anderer
Leute die in und mit Dresden leben. Auch wenn der folgend beschriebene Trend
nicht nur eine Sache Dresdens ist, interessieren mich die Ansichten über genau
diese Stadt. Ich selber bin, in der Nähe aufgewachsen, 2001 nach Dresden gezogen.
Kenne also noch "alte Verhältnisse".

Hier die Punkte der Stadt und meine entsprechenden Fragen

- Architektur der Innenstadt

Darf man sich über Plattenbauten aufregen, wenn dann auch nur Zweckbetonklötze
(Karstadt, Altmarktgalerie, Bahnhofsvorplatz) wie in jeder anderen Stadt hochgezogen
werden?

- Neumarkt

Warum stellt man etwas wieder her von dem man nur ungefähr weiß wie es aussah?
Warum traut man sich nicht der alten Frauenkirche moderne Architektur (nicht die
Zweckbetonbauten) gegenüberzustellen?

- Armeemuseum Ich beziehe mich auf einen Leserbrief im Spiegel in dem ein Dresdner
einfach behauptete "95% der Dresdner möchten den Umbau nicht."

Wer sind diese 95%?
Warum scheint es dieser Dresdner nicht schätzen zu können, dass man dort "echte"
Architektur betreibt?

Man kann aus meinen Fragen sicher schon meine eigene Tendenz ablesen. Aber ich bin,
das gehört sich ja wohl so, jeder Meinung gegenüber offen. Lasst mich einfach mal wissen
wie falsch ich mit meiner Meinung liege!

"Dresden berauscht sich an seinem Barock und muss ab und an in die Moderne
gezwungen werden. An den Stelle wo man neu und "modern" baute, ist man 08/15
unterwegs, statt das Besondere, passend zum Besonderen der Altbarockstadt, zu suchen.
Semperoper, Brühlsche Terrasse und Frauenkirche prägen das Bild Dresdens. Aber es ist
das Bild der Vergangenheit! Man muss doch auch mal Moderne wagen!"

Grüße

Stephan
tingel
Sehe ich ähnlich, aber als Laie ist es schwer, einen richtig großen architektonischen Wurf sofort als solchen zu erkennen. Anderenseits finde ich z.B. die Neubauten die direkt nach dem Krieg in der Altstadt auf der Wilsdruffer gebaut wurden ganz gut.
st.b
Zitat(tingel @ 20 Oct 2011, 20:47)
... aber als Laie ist es schwer, einen richtig großen architektonischen Wurf sofort als solchen zu erkennen...
*


Danke!

Ja, nicht alle modernen Gebäude sind große Würfe! Sehe ich auch so. Die Zeit zeigt ob der
Wurf groß war! Aber wenn keiner Anfängt ... Aber wenn alle nur "normal" bauen ....

Als Beispiel wo es gelungen ist (Gleich mit dem Link zur Wikipedia dahinter):

Die neue Synagoge

Das Ding war 2002 europäisches Gebäude des Jahres (sicher auch zu x% auf Grund der
politischen Bedeutung)! Aber trotzdem kenne ich viele Leute die da "der moderne Kram",
"hätte ich auch hinbekommen" oder Ähnliches von sich geben haben (Ja jeder darf seine eigene
Meinung haben, aber das Gebäude hat Architekturpreise erhalten. Ist also auch "objektiv"
gut gelungen.)

Also weitere Meinungen? Nochmal, trotz meiner Tendenz ist jede Meinung willkommen!

Grüße

Stephan
franzman21
ich habe, denke ich, null ahnung von architektur. aber zB das militärmuseum gefällt mir sehr gut und ich sehe das genauso wie du. das stadtbild sollte auf lange sicht nicht nur aus "canaletto" bestehen, sondern im kontrast auch modernes bieten.
wie stehen denn die leute hier zum kristallpalast? vielleicht modern, aber mir gefällt er nicht wirklich...
LostAndFound
Ich gebe zu von Architektur und Co. nicht wirklich Ahnung zu haben. Alles in allem kann ich aber sagen, dass ich das Stadtbild Dresden (besonders der Altstadt) sehr schön finde. Die restaurierten/renovierten/sanierten/neu gebauten (was auch immer) Gebäude finde ich sehr schön. Ich kenne auch einige Personen die früher hier studiert haben (und jetz so zwischen 40 und 50 sind) und die Entwicklung Dresdens auch nur befürworten können. Und zum Thema moderne Architektur: in der Altstadt dnke ich persöndlich, dass es da nicht unbedingt hin gehört. (Aber das is meine Meinung!) Die Synagoge ist jedoch sehr interessant!

Auch wenn mir zB die Centrum Galerie insgesamt nicht so gefällt, finde ich es jedoch sehr interessant, dass sie einem früheren Gebäude an selbiger Stelle nachempfunde wurde. Das ist sehr schön.
Was mir zB überhaupt nicht gefällt, sind diese hässlichen Klötze von neuen Hotels am Altmarkt (NH oder so).... die finde ich furchtbar!

Den Kristallpalast finde ich auch sehr futuristisch oder so... von der einen Ansichtsseite allerdings nicht so übel wie von der hässlichen Seite auf der St. Petersburger Str.
st.b
Zitat(LostAndFound @ 20 Oct 2011, 23:58)
... Die restaurierten/renovierten/sanierten/neu gebauten (was auch immer) Gebäude finde ich sehr schön. ...
*


Danke!

Nachfrage: Ist es aber nicht seltsam, dass man da etwas hinstellt, dass ~65 Jahr nicht dort stand.
Man weiß nicht mehr wie es wirklich aussah aber tut so als ob es "echt" wäre? Sollte an den Fassaden
nicht "nachempfunden aber nicht restauriert" stehen?

Grüße

Stephan
simpson
naja.. das das nachempfunden aber nicht restauriert ist, sollte man auch als ungeübter erkennen. ich finds sehr..merkwürdig. da dieses neue auf alt gemacht irgendwie deplaziert wirkt.

wie war eigentlich früher der neumarkt? war das auch so ein leeren (=grünfreie zone) platz?
Stormi
Ich hab auch keine Ahnung von Architektur.
tingel
Zitat(simpson @ 21 Oct 2011, 08:52)
...
wie war eigentlich früher der neumarkt? war das auch so ein leeren (=grünfreie zone) platz?
Zum Vergrößern klicken:
Zum Vergrößern klicken
Link zum Bild in voller Größe
Foto: Möbius, Walter, 1957

/edit: Mit "Erkennen eines großen Wurfs" dachte ich eher an die Phase, wo ein Projekt vorgestellt wird und man nur Modelle davon sieht. Da ist ja meist auch das Geschrei groß. Wenn ein Gebäude erst mal realisiert ist und man die ganzen Materialen und das Zusammenspiel mit dem Umfeld sieht, ist das schon was anderes.
simpson
danke tingel. ich meinte davor -.-
NEO.POP
Zum Vergrößern klicken:
Zum Vergrößern klicken
Link zum Bild in voller Größe

Ja.
abadd0n
Ohne jetzt zu sehr vom eigentlichen Thema ABDriften zu wollen:

Zitat(simpson @ 21 Oct 2011, 08:52)
wie war eigentlich früher der neumarkt? war das auch so ein leeren (=grünfreie zone) platz?*


[attachmentid=38478]
Alte Kreuzkirche um 1751 (1760 zerstört)

[attachmentid=38479]
Alte(!) Kreuzschule um 1865

[attachmentid=38480]
Blick von der Brühlschen Terasse zum Neumarkt anno 1920

#AbDDrift

st.b
Hallo + Dank für die rege Beteiligung!

@abadd0n: Das ist kein Abweichen vom Thema!

So sah Dresden damals aus. Aber eben heute nicht mehr. Vieles davon ist einfach mal weg.
Warum wird dann so ein Wind darum gemacht es wieder "genau so" herzustellen, statt mal
Neues zu wagen? Warum wird in Dresden (okay auch anderswo) Neues abgelehnt?

Mir gefiel dazu ein Artikel in der SZ in dem der Architekt des Schlossumbau sprach (Wiedergabe sinngemäß, Daten zur Verdeutlichung erfunden ...):

Was soll ich an dem Schloss wiederherstellen? Den Zustand von ~1700, das "Original"? Da sind aber
Umbauten von ~1800 im Weg. Den Zustand von ~1850-Toback ? Da hat man auch nur versucht
einen Zustand von 1600~Toback nachzuempfinden ... Also bauen wir doch besser das was heute
benötigt wird. Ein Museum der heutigen Zeit.

Da der Altmarkt schon angesprochen wurde:

Was für Meinungen gibt es zu den zwei Plätzen Altmarkt und Postplatz?

Grüße

Stephan
Sigurd
Den Altmarkt finde ich eigentlich relativ hübsch, auch wenn mir die Hotelklötze am Südrand nicht so wirklich gefallen, sie sind aber allemal besser als Baugruben und Gras, was vorher dort war. Schandfleck an diesem Ort ist und bleibt für mich dieses hässliche Ding, was man damals Kulturpalast genannt hat.

Am Postplatz hat sich viel getan in den letzten sechs Jahren, der kann sich sehen lassen. Die modernen zwei großen Haltestellen mit großer Stele am Mittelpunkt passen dort wesentlich besser hin als das Schilderwirrwarr an den 2006 noch vorhandenen 16 Einzelhaltestellen für Bus und Bahn. Der Fresswürfel hat Gott sei dank auch zwischenzeitlich das Zeitliche gesegnet, das neue Gebäude an Ort und Stelle passt dort viel besser. smile.gif
st.b
Zitat(Sigurd @ 22 Oct 2011, 12:46)
... dieses hässliche Ding, was man damals Kulturpalast genannt hat...

...Am Postplatz ...
*


@Kulturpalast: Darf man aus dieser Sicht nicht auch die Erweiterung der Altmarktgalerie
entlang der Wilsdruffer Straße als hässlich bezeichnen? Als "Zweckbau ohne Anspruch auf
Ästhetik"? Es geht ja, wie beim Kulturpalast, lediglich um die Bereitstellung von Räumlichkeiten
die an ihre Nutzung angepasst sind.

@Postplatz: Darf man innerhalb einer Stadt solche Betonflächen haben? Wäre es nicht besser,
zumindest am Postplatz Altmarkt wird ja für den Striezelmarkt benötigt, dort Park und Grün
hinzubringen? Ist dann kein "Platz" mehr aber Lebensraum in der Stadt ....

Grüße

Stephan
Polygon
Zitat(st.b @ 22 Oct 2011, 12:38)
So sah Dresden damals aus. Aber eben heute nicht mehr. Vieles davon ist einfach mal weg.


Und man hats wieder hingebaut und jetzt sieht's eben wieder so ähnlich aus...

Zitat
Warum wird dann so ein Wind darum gemacht es wieder "genau so" herzustellen, statt mal
Neues zu wagen? Warum wird in Dresden (okay auch anderswo) Neues abgelehnt?


Da hat man einmal nicht die komplette Innenstadt mit Betonklotzen versaut sondern was zustande gebracht, was m.M. nach richtig gut aussieht und darf sich anhören "nichts neues mehr zu wagen". Aber bei der Waldschlösschenbrücke war das mit dem Neuen dann auch wieder nicht recht.

Was lernen wir daraus, wie man's macht, macht man's falsch smile.gif.

Zitat
Was soll ich an dem Schloss wiederherstellen? Den Zustand von ~1700, das "Original"? Da sind aber
Umbauten von ~1800 im Weg. Den Zustand von ~1850-Toback ? Da hat man auch nur versucht
einen Zustand von 1600~Toback nachzuempfinden ... Also bauen wir doch besser das was heute
benötigt wird. Ein Museum der heutigen Zeit.


Das hat man auf dem Neumarkt doch gemacht. Ich find das sehr gelungen, die Fassaden fügen sich doch recht annehmbar ins Stadtbild ein und drinnen ist trotzdem alles supermodern. Alles in allem hätte man den Neumarkt viel mehr versauen können. Die jetzige Lösung gefällt mir ansich sehr gut.
mcnesium
Zitat(st.b @ 22 Oct 2011, 12:38)
Warum wird dann so ein Wind darum gemacht es wieder "genau so" herzustellen, statt mal
Neues zu wagen? Warum wird in Dresden (okay auch anderswo) Neues abgelehnt?*


weil bei neuer architektur zu 99% auf wirtschaftlichkeit geachtet wird. dann wird da eben ein glaskasten wie an der prager spitze hingestellt und nicht ein bißchen an ästhetik gedacht. und irgendwann verliert die stadt ihre individualität. in der ddr waren die meisten städte komplett austauschbar, weil überall die gleichen plattenbaudinger rumstanden (zb. mensa bergstr.) und das fanden die leute zu recht scheiße. warum sollte ich mir dresden ansehen, wenn dort die gleichen gebäude rumstehen wie in meiner eigenen stadt? schlimm genug dass überall die gleichen läden drin sind. dresden ist nun mal für seinen barock-kram deutschland- wenn nicht sogar weltweit bekannt. da kann man ruhig mal bißchen drauf aufpassen.


/edit: was natürlich nicht heißen soll, dass man deswegen den rest der geschichte möglichst ungeschehen machen muss. (kulturpalastdiskussion)
st.b
Zitat(Polygon @ 22 Oct 2011, 12:55)
... nicht die komplette Innenstadt mit Betonklotzen versaut ...
... bei der Waldschlösschenbrücke war das mit dem Neuen dann auch wieder nicht recht ...

... Was lernen wir daraus, wie man's macht, macht man's falsch smile.gif...
Das hat man auf dem Neumarkt doch gemacht.... ... Die jetzige Lösung gefällt mir ansich sehr gut....
*


Vielen Dank!

@Betonklötze: Ich gehe soweit mit, dass diese Gebäude dem heutigen Geschmack nicht mehr
entsprechen. Allerdings möchte ich dem entgegenhalten, dass man damals etwas Neues gemacht hat.
Aus welchem Grund auch immer (Mangel an Material; Kurzfristiger Bedarf an Wohn- und Verkaufsfläche; politische Gründe nicht zu vergessen!). Um den Bogen zu bekommen: Ist es
vorstellbar, dass man in 60 Jahren einen Neubaublock (heute weggerissen weil hässlich) wieder
aufbaut? Einfach weil man das "historische" Stadtbild wieder herzustellen will? Fertigbetonbauten
waren und sind nichts Schlimmes. Es gibt sie überall, nicht nur in Ostdeutschland.

@Waldschlösschenbrücke: Ich glaube dieses verminte Gebiet betrete ich nicht ;-)

@Neumarkt: Ich empfinde die Fassaden auch als "in Ordnung" und "hätte man schlechter machen
können". Aber eben nicht mehr! Warum ist man den Weg des geringsten Widerstands gegangen und
stellt das Alte wieder her? Warum wird nicht versucht etwas Modernes zu finden das mit dem Alten
korrespondiert? Warum wird nicht experimentiert? Ich kann es nachvollziehen wenn ein abgebranntes,
entkerntest aber noch stehendes Gebäude wieder restauriert wird! Aber nach 60 Jahren? Das ist doch
dann kein "Denkmalschutz" mehr. Barock den man schützen kann, hat man in Dresden doch noch
genug.

@Polygon: Aber klar, nur wer nix macht, macht nix verkehrt ;-)

Grüße

Stephan
Doomsn
Zitat(st.b @ 22 Oct 2011, 13:28)
Um den Bogen zu bekommen: Ist es
vorstellbar, dass man in 60 Jahren einen Neubaublock (heute weggerissen weil hässlich) wieder
aufbaut? Einfach weil man das "historische" Stadtbild wieder herzustellen will? Fertigbetonbauten
waren und sind nichts Schlimmes. Es gibt sie überall, nicht nur in Ostdeutschland.


Hab ich mich auch schon oft gefragt. Ich denke, dass das zumindest in gewissem Rahmen passieren wird. Aber sicherlich werden diese dann um einiges hübscher gestaltet aussehen, als der heutige Durchschnittsblock.
st.b
Zitat(mcnesium @ 22 Oct 2011, 13:26)
weil bei neuer architektur zu 99% auf wirtschaftlichkeit geachtet wird. dann wird da eben ein glaskasten wie an der prager spitze hingestellt und nicht ein bißchen an ästhetik gedacht. und irgendwann verliert die stadt ihre individualität. in der ddr waren die meisten städte komplett austauschbar, weil überall die gleichen plattenbaudinger rumstanden (zb. mensa bergstr.) und das fanden die leute zu recht scheiße. warum sollte ich mir dresden ansehen, wenn dort die gleichen gebäude rumstehen wie in meiner eigenen stadt? schlimm genug dass überall die gleichen läden drin sind. dresden ist nun mal für seinen barock-kram deutschland- wenn nicht sogar weltweit bekannt. da kann man ruhig mal bißchen drauf aufpassen.
/edit: was natürlich nicht heißen soll, dass man deswegen den rest der geschichte möglichst ungeschehen machen muss. (kulturpalastdiskussion)
*


Danke!

Ich bitte an dieser Stelle zu beachten, dass ich Unterschiede zwischen "Architektur" und "Architektur"
mache! Das eine ist Zweckbau! Die Altmarktgalerie, die Prager Spitzen und und und ... sehen aus wie
überall! Auch da ist, wie WBS 70, alles austauschbar! Innen wie außen. Auch da geht man, heute
schon, durch viele deutsche Städte und kann nix mehr unterscheiden. Das gilt auch für Gebäude der
70er und 80er Westdeutschlands ... Wenn man das z.B. auf die Spitze treibt, kann man das auch auf
Jugendstilvillen aus der Gründerzeit beziehen. Diese Viertel sehen ja auch überall gleich aus.
(Und noch überspitzter "Auch alle Barockbauten sehen überall gleich aus.")

Das andere ist Architektur als Einmaliges, genau für den Platz/Ort geschaffenes.
Kann man es sich nicht vorstellen, dass Touristen nach Dresden kommen um Moderne und Barock
als Ensemble im Einklang oder Dialog zu erleben? Einfach etwas was so nur in Dresden möglich wäre.
Nur hier hätte sich mit dem Neumarkt eine große leere Fläche direkt neben Barock geboten .... Barock
hat Dresden schon genug ...

Nochmal Dank an alle die hier mitschreiben!

Grüße

Stephan
bsf
Ich frage einfach mal zurück:

Wie würde denn in Deiner Idealvorstellung der Neumarkt aussehen?
Was ist so schlimm daran, eine schöne Stadt, die leider zerstört wurde, in Teilen ähnlich wieder aufzubauen? Also ich verstehe nicht ganz, wie es in Deiner Optimalvorstellung aussehen sollte. Alles moderne, futuristische Gebäude neben der Frauenkirche?
st.b
Zitat(bsf @ 22 Oct 2011, 19:23)
Ich frage einfach mal zurück:

Wie würde denn in Deiner Idealvorstellung der Neumarkt aussehen?
Was ist so schlimm daran, eine schöne Stadt, die leider zerstört wurde, in Teilen ähnlich wieder aufzubauen? Also ich verstehe nicht ganz, wie es in Deiner Optimalvorstellung aussehen sollte. Alles moderne, futuristische Gebäude neben der Frauenkirche?
*


Hallo!

"Optimal" wird es an dieser Stelle, auf diesem Platz sicher nicht geben! Aber, nach meiner Vorstellung,
wäre etwas "Lockerheit", "Moderne" oder auch etwas "Zukunftsweisendes" doch nicht schlecht.
Wenn ich mich recht erinnere, wurde doch eine Weile über eine neues Konzerthaus/Oper/Operetten-
gebäude auf dem Neumarkt gesprochen. Warum nicht das? Warum nur altes? Warum ging es da in
den Leserbriefen der SZ hin und her? Angst vor Veränderung?

Zitat:

"Unsere Gesellschaft "Historischer Neumarkt Dresden e.V." tritt dafür ein, den Neumarkt so weit wie möglich mit seinen kunst- und kulturgeschichtlich wertvollen Bauten wiederherzustellen.

In Anbetracht vieler gesichtslos funktionaler Neubauten im Dresdner Zentrum sehen wir allein darin die letzte Chance, dieser Stadt ihre alte Identität und zugleich ein bürgerfreundliches Zentrum zurückzugeben."

Quelle

Und in so etwas sehe ich Rückwärtsgewandtheit. "... wertvollen Bauten wiederherzustellen ...".
Entweder das Original ist wertvoll oder was sonst? Gegossener Beton mit bunter Farbe drüber?
"... ein bürgerfreundliches Zentrum ..." Welcher Bürger? Sind wir noch im Barock? Wäre es nicht
besser etwas für den Bürger von heute zu bauen?

"... ihre alte Identität ..." darf die Stadt keine neue bekommen?

Kurz: Ich bin auch für Denkmalschutz! Ich möchte auch, dass die Geschichte der Stadt in Form
ihrer Gebäude erhalten bleibt! (Z.B. wäre das alt Centrum-Warenhaus ja auch Geschichte. Warum
reißt keiner das Rundkino weg?) Aber wir leben heute! Die Slub ist ja auch nicht im Jugendstil errichtet
worden.

Grüße
st.b
Nachtrag:

Im Prinzip wollte ich "in Dresden bleiben" also kein "kuck mal, dort machen sie es "besser""
anbringen. Besser ist subjektiv. Mutiger würde ich es zum Beispiel nennen. Mutig mal alt
und modern zu vereinen.

Mein Beispiel Jüdisches Zentrum München. Im Hintergrund des Gebäudes erkennt man ja auch alte,
historische Gebäude. Bild 1, Bild 2 und Bild 3.

Was spräche also dagegen dem Johanneum (besser bekannt als Verkehrsmuseum Dresden) einen
modernen Holzbau gegenüber zu stellen?

Nochmal: Ich möchte andere Meinungen hören um einfach mal zu sehen wie anders oder falsch
ich liege. Ich sehe das neue Armeemuseum und kann nicht verstehen wenn da zwei Dresdner
(schließe ich einfach mal aus deren Dialekt) "Naja, früher sah das aber besser aus, warum braucht
es so ein Ding?" vor sich hinbabeln.
Chris
Dresden hat in der Innenstadt ein Problem. Dort gab es nach dem Krieg nichts mehr. Insofern kann man da nicht alt und neu miteinander vereinbaren, sondern nur noch DDR und BRD. Dieses Problem erstreckt sich auch auf den Neumarkt. Man kann durchaus Alt und Neu miteinander verbinden, ja sollte man sogar, denn eine Stadt lebt. Der Neumarkt indes ist die einzige Bastion von "alt" im Umkreis von fünf Kilometern. Dort alt und neu miteinander zu verbinden macht diesen Platz nicht herausragend, sondern einen von vielen. Kein Platz auf den Besucher kommen und sagen: "Wow, das alte Dresden war echt schön!", sondern ein Platz auf dem sie stehen und sagen: "Warum schaut es hier aus, wie in Hannover?".
st.b
Zitat(Chris @ 23 Oct 2011, 11:06)
Dresden hat in der Innenstadt ein Problem. Dort gab es nach dem Krieg nichts mehr. Insofern kann man da nicht alt und neu miteinander vereinbaren, sondern nur noch DDR und BRD. Dieses Problem erstreckt sich auch auf den Neumarkt. Man kann durchaus Alt und Neu miteinander verbinden, ja sollte man sogar, denn eine Stadt lebt. Der Neumarkt indes ist die einzige Bastion von "alt" im Umkreis von fünf Kilometern. Dort alt und neu miteinander zu verbinden macht diesen Platz nicht herausragend, sondern einen von vielen. Kein Platz auf den Besucher kommen und sagen: "Wow, das alte Dresden war echt schön!", sondern ein Platz auf dem sie stehen und sagen: "Warum schaut es hier aus, wie in Hannover?".
*


@Neumarkt = Bastion von "alt"

Darum geht es mir aber gerade. Er ist es nicht mehr. Das "alt" ist weg. Und das seit über 60 Jahr!

@Besucher:

Sollte man wirklich der Besucher willen eine Kulisse des "alt" wieder aufbauen? Ist das nicht Disney
oder Las Vegas (ja die Vergleiche sind nicht von mir)?

Wäre es nicht denkbar, dass Besucher kommen und sagen "wow, das neue Gewandhaus gegenüber
der Frauenkirche ist modern, passt aber perfekt dazu."

@Beliebigkeit:

Ich gebe Dir Recht! Eine Architektur wie überall ist keine Lösung.


----

Mal noch ein paar eine Fragen:

Für wen wird dieser Neumarkt eigentlich wieder errichtet?

Zeitzeugen? Touristen? Junge Leute von heute die später "damit leben müssen"?

Was "erledigt" ihr auf dem Neumarkt?

Sprich wie berührt euch der Neumarkt im täglichen Leben? Findet dieses dort tatsächlich
statt? Ist das, so oder so, in Ordnung?

Noch ein anderes Gebäude:

Was halltet ihr von dem "Ufo" (Dachkonstruktion) des Schloss?

Grüße
lusch3
Den Neumarkt find ich ziemlich hässlich. Die Frauenkirche fetzt, aber das drumherum sieht unheimlich gekünstelt aus.
Chris
Zitat(st.b @ 24 Oct 2011, 11:55)
@Neumarkt = Bastion von "alt"

Darum geht es mir aber gerade. Er ist es nicht mehr. Das "alt" ist weg. Und das seit über 60 Jahr!

@Besucher:

Sollte man wirklich der Besucher willen eine Kulisse des "alt" wieder aufbauen? Ist das nicht Disney
oder Las Vegas (ja die Vergleiche sind nicht von mir)?

Wenn man Semperoper und Zwinger (etc. pp.) wieder aufbauen kann, warum nicht den Neumarkt? Meiner Meinung nach eher eine Frage von "das finden wir schön" als eine Frage von "wir brauchen was altes".

Zitat
Wäre es nicht denkbar, dass Besucher kommen und sagen "wow, das neue Gewandhaus gegenüber der Frauenkirche ist modern, passt aber perfekt dazu."

Denkbar ist alles. Denkbar wäre auch, dass der Stadtrat dem Wiederaufbau der Prager Straße und der absoluten Neugestaltung des Ostrageheges zugestimmt hätten. Denkbar wäre auch, dass Stadt und Staat den Wiederaufbau der Frauenkirche mitfinanziert hätten. Haben sie aber nicht. Meiner Meinung nach fehlt der Stadt eine klare Linie, was sie haben wollen (und das ohne "Regierungswechsel"). So haben wir einen Haufen Rumgewurschtelt und mit so einem Rumgewurschtel kommt meist nichts gutes raus. Zudem gibt es noch tausend unbebaute Stellen im Zentrum, die man mit einem modernen "Gewandhaus" aufwerten könnte. Die weitere Geschichte des modernen Kunstmuseums im Gewandhaus deutet für mich eher darauf hin, dass sich am Neumarkt mal wieder einer ein Denkmal in Stein gießen lassen wollte.
Zitat
Für wen wird dieser Neumarkt eigentlich wieder errichtet?

Zeitzeugen? Touristen? Junge Leute von heute die später "damit leben müssen"?

Was "erledigt" ihr auf dem Neumarkt?

Sprich wie berührt euch der Neumarkt im täglichen Leben? Findet dieses dort tatsächlich
statt? Ist das, so oder so, in Ordnung?

Ich lauf da ab und zu drüber. Ist toll für Gäste, da sehen die was von Dresden. Kannste auch hier und da mal was Essen gehen, aber befindet sich halt alles eher im touristischen Preissegment.
Zitat
Was halltet ihr von dem "Ufo" (Dachkonstruktion) des Schloss?

Die Idee ist genial. Der wettergeschützte Innenhof macht schon einiges her.
abadd0n
Zitat(st.b @ 22 Oct 2011, 22:29)
Mutiger würde ich es zum Beispiel nennen. Mutig mal alt
und modern zu vereinen.*

Also gerade das neu sanierte militärhistorische Museum ist schon gewagt, was das angeht (Bild1, Bild2). Ähnliche Beispiele finden sich auch bei weniger wichtigen Wohngebäuden.

Aber das funktioniert halt nicht immer, wie das Stadtmuseum eindrucksvoll beweist (Bild1, Bild2).

Zur Diskussion kann ich wenig beitragen, da ich überzeugter Fan alter Architektur bin: Nach 1950 kam da nix Gutes mehr.

#a2cents
st.b
Zitat(lusch3 @ 24 Oct 2011, 12:15)
Den Neumarkt find ich ziemlich hässlich. Die Frauenkirche fetzt, aber das drumherum sieht unheimlich gekünstelt aus.
*


Okay, kurz und knackig ;-)


Zitat(abadd0n @ 24 Oct 2011, 15:23)
Also gerade das neu sanierte militärhistorische Museum ist schon gewagt, was das angeht (Bild1, Bild2). Ähnliche Beispiele finden sich auch bei weniger wichtigen Wohngebäuden.

Aber das funktioniert halt nicht immer, wie das Stadtmuseum eindrucksvoll beweist (Bild1, Bild2).

Zur Diskussion kann ich wenig beitragen, da ich überzeugter Fan alter Architektur bin: Nach 1950 kam da nix Gutes mehr.

#a2cents
*


@Militätmuseum: Genau! Gewagt!

@Treppe am Stadtmuseum: Ich denke darüber ist irgendwie nicht zu streiten ... toll ist das nicht.
Hier hätte man, meiner Meinung nach, nicht versuchen müssen das Rad neu zu erfinden. Allerdings
hätte an der Stelle jede Stahltreppenkonstruktion wie ein Fremdkörper gewirkt. Also warum nicht
einfach mal auffallen um des Auffallen wegen.

@Dein Beitrag zur Diskussion + Dein Geschmack: Immerhin kann ich an der von Dir gemachten
Aussage ablesen, dass "junger Mensch" und "Fan der Moderne" nicht eins sein muss. (Wobei ich
das auch nie als gesetzt ansehen würde.) Ich bin da eben auf einer anderen Schiene unterwegs.
Klar sind die Semperoper, der Zwinger und andere barocken Bauten schön. Aber insgesamt sehe
ich in Dresden so ein Festhalten daran. Bloß nix neu machen. Ja alles so erhalten/wiederherstellen
wie es war.



Was mich mal interessieren würde:

Sind hier angehende Historiker, Stadtplaner oder Architekten unterwegs? Was halten die von der
"Kunst am Bau" in Dresden?

Grüße
chelys
Zitat(st.b @ 24 Oct 2011, 16:02)
Okay, kurz und knackig ;-)
@Militätmuseum: Genau! Gewagt!


Ich find's spitze... kenne auch persönlich niemanden, der das konsequent ablehnen würde (die Architektur betreffend). Einige wollen sogar hingehen... was vermutlich an der Architektur liegt lol.gif
NaN
Zitat(lusch3 @ 24 Oct 2011, 12:15)
Den Neumarkt find ich ziemlich hässlich. Die Frauenkirche fetzt, aber das drumherum sieht unheimlich gekünstelt aus.
*

biggrin.gif

Dem kann ich nur zustimmen.

Ich denke aber man kann das Problem nicht nur auf Basis des Aussehens / der Fasaden der Häuser disskutieren. Wie ein Stadtviertel wirkt hängt auch immer von der Sozialstruktur ab. Und da wirkt der Neumarkt einfach sehr touristisch.

Das hängt natürlich auch an der Geschichte, aber Hotels und schicke Boutiquen sind da einfach (gefühlt?) überproportional vertreten. Insbesondere würde ich da von einer Kulturstadt wie Dresden erwarten, dass da z.B. auch mal eine Musikschule, Tanzschule, Bibliothek, oder ähnliches gebaut wird. Ein Geschäft das gebrauchte Kameras verkauft, ein Comicladen oder Musikgeschäft währen auch toll. wink.gif
Damit könnte der Neumarkt wieder cool werden. Aber für so was sind die Grundstückspreise und die Renditerwartungen der Investoren wohl einfach zu hoch.
NEO.POP
Sowas kann man aber nicht planen, sowas muss sich entwickeln, man kann auch kein Kneipenviertel ala Neustadt auf der grünen Wiese hochziehen. Und ich bezweifel ernsthaft, dass irgendein Secondhandladen die Mieten auf dem Neumarkt finanzieren kann oder der Investor eben diesen subventionieren will.
HGAZIS
mal mein persönlicher senf:

ich finderwiederaufbau von alten gebäuden (zb Frauenkirche oder Berliner Residenzschloss) fail.
Damit zerstört man jedes Geschichtsgefühl und Bild einer Stadt. Wo kann man heute noch in der Innenstadt erkennen, dass 1945 alles zerbombt wurde?
Warum wird ein (wenn auch nicht grad hübsches) Gebäude in Berlin, welches zur DDR-Geschichte gehört abgerissen um son dummes Schloss wieder hinzubauen. Zerfall, Zerstörung und Aufbau, der Mix verschiedenen Epochen machen mM eine intressante Stadt und ein Stadtbild aus - und nicht der Versuch des ewig Gestrige wieder herzustellen.
Daher lehne ich auch die Bebauung des Neumarktes ab - jedenfalls im aktuellem Stil.
tingel
Zitat(HGAZIS @ 24 Oct 2011, 19:03)
...
Wo kann man heute noch in der Innenstadt erkennen, dass 1945 alles zerbombt wurde?
...

Das stimmt so nicht ganz. Schau dir mal Paris an, dort steht ein toller historischer Kasten neben dem anderen und das nicht nur im Stadtzentrum. Alles ist ziemlich stimmig. Weil die Stadt weder von Göring noch von Bomber Harris heimgesucht wurde wie die meisten anderen europäischen Metropolen.
Die Existenz von Neuem ist der Beweis, daß es hier vor 60-70 Jahren komplett anders ausgesehen hat.
Polygon
Zitat(st.b @ 24 Oct 2011, 16:02)
@Treppe am Stadtmuseum: Ich denke darüber ist irgendwie nicht zu streiten ... toll ist das nicht.
Hier hätte man, meiner Meinung nach, nicht versuchen müssen das Rad neu zu erfinden. Allerdings
hätte an der Stelle jede Stahltreppenkonstruktion wie ein Fremdkörper gewirkt. Also warum nicht
einfach mal auffallen um des Auffallen wegen.


Also lieber ein modernes Gebäude was besch... aussieht (bei der Treppe fällt mir nix anderes ein) als ein paar Gebäude im alten Stil die gut aussehen? Modern sein zum Selbstzweck und um jeden Preis? So ein Schandfleck verschwindet eben auch vor 20-30 Jahren nicht, je nachdem wie lange er abgeschrieben werden muss.

Zitat
Aber insgesamt sehe ich in Dresden so ein Festhalten daran. Bloß nix neu machen. Ja alles so erhalten/wiederherstellen wie es war.


Äh? Militärmuseum? WSB? Gläserne Manufaktur? Altmarktgallerie? Centrum-Gallerie? Kugelhaus? Postplatz? Landtag? Kongresszentrum? Muss man jetzt wirklich zu jeder Gelegenheit einen "modernen" Bau hinpflanzen nur um nicht verdächtig zu sein "nur an Altem festzuhalten"? Gibt doch eine Menge "moderne", nichtbarocke Bauwerke hier. Bei einem hat man sogar den Weltkulturerbetitel sausen lassen anstatt am Alten festzuhalten...
loco
ich finde, was sie mit dem alten waben bei der centrum galerie angestellt haben usw ganz gut, ist zwar immer noch so ein konsumtempel, aber eben ein bisschen anders und vorher stand halt ein ddr-konsumtempel da..

und die frauenkirche sieht innen aus wie walt disney, also warum sollte es außen herum nich auch so aussehen?

und warum soll man einen müllhaufen liegen lassen, nur damit wir uns an ein ereignis vor 60 jahren erinnern? da finde ich den ansatz von tingel besser..