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Vollständige Version anzeigen: Wird der StuRa/AStA zum Spitzel?
#npnk
Seit dem 24. Oktober 2002 gilt im Land Brandenburg ein neues Verfassungsschutzgesetz, welches öffentliche Einrichtungen dazu verpflichtet die Verfassungsschutzorgane über extremistische Bestrebungen in Kenntnis zu setzen.

Den AStA der Universität Potsdam erreichte vor wenigen Tagen folgendes
Schreiben des Dezernates für Personal- und Rechtsangelegenheiten der
Universität Potsdam:

Zitat
"Übermittlung von Informationen über gewaltgeneigte extremistische
Bestrebungen an das Dezernat 3 zwecks Weiterleitung an die
Verfassungsschutzbehörde aufgrund des § 14 Abs. 1 Brandenburgisches
Verfassungsschutzgesetz (BbgVerfSchG)

Die Terrorismusgefahr wächst und die gewaltgeneigten rechtsextremistischen
Bestrebungen nehmen zu. Wie die Terroranschläge in der Vergangenheit gezeigt haben, ist die Bundesrepublik Deutschland für terroristische Gruppierungen ein sog. „Ruheland“, das zur Vorbereitung der Anschläge genutzt wurde.

Der Gesetzgeber hat zur Bekämpfung des Extremismus § 14 BbgVerfSchG
geändert, wonach nunmehr auch die Universitäten verpflichtet sind, von sich aus die Verfassungsschutzbehörde über die ihnen bekannt gewordenen
gewaltgeneigten extremistischen Bestrebungen zu unterrichten.

Falls Ihnen Informationen über gewaltgeneigte extremistische Bestrebungen
bekannt werden, ist das Dezernat 3 mündlich oder schriftlich zu unterrichten.

Die Unterrichtung sollte mindestens folgende Angaben enthalten:

- Angaben über die bekannt gewordene gewaltgeneigte extremistische
Bestrebung (bekannt gewordene Tatsachen mit möglichem extremistischem
Hintergrund sowie weitere Informationen, z.B. Angaben über Ort und Zeitpunkt von Aktivitäten)

- bekannt gewordene personenbezogene Daten (Name(n), ggf. Wohnanschrift(en))

- für evtl. Rückfragen zum übermittelten Sachverhalt bitte auch den
Unterrichtenden (Name und Telefonnummer) mitteilen.

Ich bitte zu beachten, die schriftliche Übermittlung von personenbezogenen
Daten im Hause in einem verschlossenen Umschlag vorzunehmen."



Reaktionen des AStA hierzu findet Ihr auf der Homepage

http://www.asta.uni-potsdam.de]AStA Uni Potsdam[/URL]


Verfassungsschutzgesetz in genauem Wortlaut:
Zitat
§ 14
Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde

(1) Die Behörden, Betriebe und Einrichtungen des Landes sowie die der Aufsicht des Landes Brandenburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterrichten von sich aus die Verfassungsschutzbehörde über die ihnen bekannt gewordenen Tatsachen einschließlich personenbezogener Daten, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 genannten Schutzgüter gerichtet sind.

(2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus von sich aus der Verfassungsschutzbehörde auch alle anderen ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach § 3 Abs. 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist.

(3) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei sowie andere Behörden um Übermittlung der zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine die betroffene Person stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Die Ersuchen sind festzuhalten.

(4) Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach § 100 a der Strafprozeßordnung bekanntgeworden sind, ist nach den Vorschriften der Absätze 1 bis 3 nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine der in § 3 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die dabei übermittelten Kenntnisse und Unterlagen finden § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 und § 4 Abs. 2 Satz 2 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund anderer strafprozessualer Maßnahmen bekanntgeworden sind, ist zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 bestehen. Sie dürfen nur zur Erforschung dieser Bestrebungen oder Tätigkeiten genutzt werden.


http://www.mdje.brandenburg.de/Landesrecht...e/K12/12-01.htm ]


Was haltet ihr davon?
Wird hier versucht politisch tätigen Studenten in die Karten zu schauen und ist das vollkommen legitim?
Der Vergleich mit Praktiken der ehemaligen DDR oder der Gestapo im 3. Reich sind meines Erachtens garnicht so weit hergeholt.
Ist dies etwa ein weiterer Schritt Deutschland in einen Überwachungsstaat zu verwandeln?
Szenarien aus "1984" und "Equilibrium" werden da in mir wach.

Und wie lange wird es dauern bis der StuRa in Dresden solch einen Brief erhält?
Sind Studenten die für freie Bildung kämpfen extremistisch?


Zur Info:
Gemeint sind hier alle als "extremistisch" gekennzeichnete Gruppierungen.
Darunter würden fallen: Antifa-Hochschulgruppen, Burschenschaften (auch nichtschlagende), Muslimengruppen und dergleichen mehr...

€dit: ganz vergessen: das ganze hab ich bei indymedia gelesen
ck
Zitat(nappunk @ 13 Aug 2005, 14:58)
Zur Info:
Gemeint sind hier alle als "extremistisch" gekennzeichnete Gruppierungen.
Darunter würden fallen: Antifa-Hochschulgruppen, Burschenschaften (auch nichtschlagende), Muslimengruppen und dergleichen mehr...

Wo steht, dass diese "Gruppierungen" gemeint sind? Weder in dem Gesetz noch in dem Zitat von Dir sind irgendwelche Anhaltspunkte dafür gegeben.

Meiner Meinung nach, ist hierbei nur eine (erneute) Redundanz in der Gesetzgebung geschaffen worden, denn Planen von Anschlägen war (meiner Meinung nach) schon zuvor anzeigepflichtig, zumindest, wenn die kenntnistragende Stelle eine öffentliche war/ist. Weiterhin geht es in Deinem Zitat ausschließlich um "gewaltgeneigte" Bestrebungen, also eben keinesfalls "normale studentische Aktivitäten".

Also, alles in Allem: Viel Lärm um nichts (Neues)...Lediglich die sehr enge Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und Polizei gibt mir zu denken - aber das ist ja sogar auf Bundesebene schon mehrfach diskutiert worden.

Zitat(nappunk @ 13 Aug 2005, 14:58)
Sind Studenten die für freie Bildung kämpfen extremistisch?

Wenn sie diesen Kampf mit Gewalt austragen wollen: Ja, sonst: Nein.
Theo
Zitat
Übermittlung von Informationen über gewaltgeneigte extremistische
Bestrebungen


.. kommt mir auch bissl vor wie Bespitzelung, denn:
wer entscheidet darüber, ob jemand gewaltgeneigt und extremistisch ist?
Derjenige, der jemanden aus dem Weg haben möchte?
Wer kontrolliert die Kontrolleure?
Hier ist eine Tür geöffnet, Menschen zu überwachen mit der Begründung deren Gedankengut prüfen zu wollen. Dieses Mittel könnte freilich missbraucht werden - etwa durch falsche Anschuldigungen.

Btw: Ich melde aktuelle Informationen über gewaltgeneigte extremistische Bestrebungen:
"Wenn sich eine diplomatische Lösung nicht finden lasse, sagte Bush in einem TV-Interview, sei auch die Anwendung von Gewalt möglich." q

Wir sehen: WAS extremistische Gedanken sind, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten und darüber entscheiden die Mächtigen. Sind es Deine? Oder meine? Oder Deine dort?



Mimi
Zitat
Angaben über die bekannt gewordene gewaltgeneigte extremistische
Bestrebung (bekannt gewordene Tatsachen mit möglichem extremistischem
Hintergrund sowie weitere Informationen, z.B. Angaben über Ort und Zeitpunkt von Aktivitäten)


ich würde mal interpretieren, dass dort steht man solle melden, wenn die bestrebungen unter gewalteinwirkungen stattgefunden hat...
alles eine frage der interpretation. und wenn eine gruppierung (welche auch immer) der meinung ist, sie muss ihre bestrebungen mit gewalt durchsetzen, dann bin ich auch dafür dass die angezeigt werden.
ja, da steht gewaltgeneigt, aber wie du schon richtig sagtest: wer entscheidet darüber. da man sowas nicht ohne anhaltspunkt entscheiden kann, würde ich sagen, es geht um welche, die schon gewalt angewendet haben. ´
außerdem schätze ich mal die studentischen vertreter nicht so ein, dass sie da irgendwelche gruppen melden, nur weil sie ein problem mit denen haben. gehen wir doch einfach mal davon aus, dass sie nichts tun würden, was wir nicht auch tun würden (wir reden ja hier nicht von "unseren" politikern...)? wie wäre das? wie schon ck sagte: viel lärm um nichts...
sollten sie dann doch mist bauen, gibt es immernoch genug, die aufstehen und was dagegen tun können... und würden!
abadd0n
Auf das Schlagwort "Viel Lärm um nichts" würde ich mal antworten: "Wehret den Anfängen!"


Die Stellungnahme des AStA macht auch deutlich klar, worum es eigentlich geht:
Zitat
Wir, Mitglieder des AStA sind Studierende, und keine Agenten des Verfassungsschutzes. Wir wehren uns gegen derartige Angriffe gegen per Grundgesetz geschützte Meinungsfreiheit an der Uni Potsdam, und halten die Weitergabe von personenbezogenen Daten für grundrechtswidrig und gefährlich.


@Theo zur Frage "Quis custodit custodes?"
Schlichtweg: Keiner. Ich kann es nur für die technischen Regelungen sagen, - dort wurde dererlei schlicht weggelassen. Im Gegenteil: Es werden sogar Massnahmen getroffen, die eine Rückverfolgung der Ausspähung unmöglich machen (RegTP fungiert selbst als Black Box für Zugriffe durch Behörden auf Carnivores).


Aber letztlich hängt es an den Leuten, die im StuRa mitwirken, denn in der Aufforderung der Uni heisst ja "Falls Ihnen Informationen [...] bekannt werden .." Nun gut, was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss. Und wenn ich doch mal was wissen sollte, dann kann ich ebenso gut gaaanz schnell vergessen wink.gif

#abd
Chino
.. theoretisch kann doch jeder solche Gruppen anschwärzen egal ob er/sie im Stura ist oder nicht. Die Aufforderung dazu ist schon etwas seltsam. In erster Linie geht es dene wohl nicht um Studentenverbindungen (denn die legen keine Bomben) und die Antifas sondern eher um Gruppierungen "potentieller Terroristen". An anderen Universitäten gibt es z.B. Gebetsgruppen usw., das ist dort ganz normal und da ja neuerdings in den Augen des Gesetztes jeder Moslem ein potentieller Terrorist ist, gibt es wohl solche Aufrufe ..
.. ich weiß nicht genau was ich davn halten soll ..

yocheckit
Zitat(Mimi @ 14 Aug 2005, 12:54)
sollten sie dann doch mist bauen, gibt es immernoch genug, die aufstehen und was dagegen tun können... und würden!
*

ich denke du hast die sache falsch verstanden. es geht hier nicht darum, jemanden dafür zu bestrafen oder zu beobachten nachdem "bomben explodiert" sind, denn das wäre danach ohnehin offensichtlich, sondern um eine präventive maßnahme zum festigen der inneren sicherheit oder wahlweise dem ausbau der eigenen macht und position - kann man sicherlich aus den verschiedensten blickwinkeln sehen..

ich sehe dabei nur das problem der differenzierung - woran legt man denn fest wer potentiell wirklich gefährlich ist und wer nur einfach nervt bzw. ein dorn im auge darstellt?
Mimi
sicher das ich es falsch verstanden habe? wie gesagt, ist auslegungssache und keiner der sturamitglieder wird wohl einfach irgendwelche gruppierungen melden. wenn tatsächlich mal eine gruppe gewalttätig wird, ok, aber vorher wird da doch keiner von den leuten wen anschwärzen... und wenn es hinterher heißt "hey, das hättet ihr melden müssen" dann kann man es immernoch machen wir abaddon sagte: blind stellen. bzw werden dann genug dasein, die aussagen würden, dass es nicht abzusehen war und sowas nicht aufgabe einer studentenvertretung ist, studentische gruppierungen zu überwachen...
yocheckit
dass ist allerdings jetzt das, was du als reaktion vermutest, nicht das, was dieses schreiben fordert.. darin liegt der unterschied auf den ich hingewiesen habe.