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Vollständige Version anzeigen: Völkerrecht
mcnesium
steinmeier lamentiert seit wochen, eine abspaltung der krim wäre ein verstoß gegen das völkerrecht. wikipedia ist mir da ein bißchen zu theorielastig, darum interessiert mich, ob das einer mal kurz erläutern kann.

der begriff völkerrecht suggeriert, dass völkern gewisse rechte eingeräumt werden. wenn sich eine überwältigende mehrheit* von bewohnern eines territoriums wünscht, nicht mehr unter dieser, sondern unter einer anderen oder von mir aus auch einer eigenen regierung leben zu wollen weil sie sich diesem volk eher zugehörig fühlen als dem anderen, was ist dann daran rechtswidrig?

warum können die basken und katalanen nicht ihr eigenes land gründen, wenn sie unbedingt wollen? was ist mit kurdistan und palestina?

überall auf der welt gibts konfliktherde, die offensichtlich vordergründig darum bestehen, weil irgendwann mal irgendwer einen strich auf der landkarte gemacht hat, ohne sich groß darum zu scheren, wer da so alles rechts und links davon wohnt.

ist das zu naiv, wenn ich denke dass man die leute einfach machen lassen soll? sind obama, steinmeier und klitschko wirklich so plumpdreist, dass sie irgendwas von völkerrecht faseln, obwohl es ihnen eigentlich nur wieder um die ressourcen geht? was genau sagt denn das völkerrecht zu so einer abspaltung? wo genau liegt hier die rechtswidrigkeit vor? fragen über fragen…



* unter dem vorbehalt, dass nicht alle stimmen von russischen provokateuren stammen
Norbert
Völkerrecht != Volksmitgliederrecht
Stormi
Ich empfehle, die dafür zuständigen Gremien direkt anzusprechen.
stabilo
Und warum war die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo laut IGH-Gutachten *nicht* völkerrechtswidrig, die Sezession der Krim nun aber wohl? Bin gespannt, zu welchem Schluss der IGH diesmal kommt.
aeon
Die Völkerrechtswidrigkeit besteht in der Verletzung der Souveränität der Ukraine (Art. 1 UN-Charta), in der Verletzung internationaler Verträge, welche die Grenzen der Krim festgelegt haben, Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates (wieder UN-Charta), Verstoß gegen das bilaterale Stationierungsabkommen mit der Ukraine.
Das Sendung regulärer Streitmächte und irregulärer bewaffneter Gruppen in ein fremdes Land ist das Mittel dessen und wird scharf kritisiert.

Russland rechtfertigt sein Handeln als "humanitäre Intervention" - damit wurden 2008 auch die Handlungen in Georgien begründet, dabei kam es auf der Krim "noch nicht mal" zu Übergriffen auf oder Menschenrechtsverletzungen gegen, die russische Minderheit.
Es ist völkerrechtlich unzulässig, dass sich ein Land aus humanitären Gründen zur Schutumacht aufschwingt. Das ist bei Menschenrechtsverletzungen etc. schon umstritten, also noch mehr, wenn es zu überhaupt keinen Übergriffen kam.

Hierbei geht es also nicht um das Begehren der Bewohner der Krim, obwohl das Hauptaugenmerk bei der Betrachtung auf jenen liegt, sondern einzig um Russlands Verhalten. Ich bin mir recht sicher, dass es nicht sehr einfach ist, als popelige Halbinsel seinem souveränen Mutterland zu sagen: "Jo Tschüss, bin jetzt 18. Ich zieh aus." - also auf dem legalen Weg (was muss man da überhaupt machen sich von einem Staat abzuspalten und unabhängig zu werden, oder respektive - wie in diesem Fall - sich einem anderen Land anzuschließen?)
Aber ein Referendum, welches auf diese Art und Weise mit solch hoher Militärpräsenz der "Schutzmacht" zustande kommt, ist eben nicht zu akzeptieren.

Beim Angriff auf den Kosovo wurde, wegen der fehlenden völkerrechtlichen Legitimation einefach eine neue Art des Angriffes geschaffen, eben jene"humanitäre Intervention" (auf die sich Putin jetzt beruft) mit der man eine moralische Verpflichtung verdeutlichte eine "humanitäre Katastrophe" abzuwenden (sagt Wikipedia)
Das man heute weiß, dass da vieles im Kosovo sowas von faul war, sollte man - denke ich, das Ganze nicht wirklich miteinander vergleichen? [sic!]
mcnesium
na endlich mal n sinnvoller beitrag. vielen dank erstmal dafür.

dass ich den begriff „völkerrecht“ falsch interpretiert hab, weil es sich dabei um rechte von staatskonstrukten und nicht von völkern handelt, haben wir gestern im channel schon geklärt. bißchen bekloppt ist der begriff ja schon, aber gut, solche nebelkerzen kennt man ja aus der politik zur genüge.

trotzdem frage ich mich nach wie vor, warum man einer bevölkerungsgruppe mit einem ihr assoziierten stück land versagt, sich von anderen hoheiten unabhängig machen zu wollen.

so eine unabhängigkeit definiert sich doch in jeglicher hinsicht. freies zitat aus dem kanal gestern: du kannst schon dein eigenes land gründen, aber dann nimmt dich keiner ernst. aber das weiß ich doch vorher. wenn ich auf meinem waldgrundstück meinen eigenen staat gründen möchte, brauch ich einen businessplan. ich brauche stabile wirtschaftliche kreisläufe, ne vernünftige legislatur, verwaltung, energieversorgung, krankenhäuser, etc. wenn ich das alles stemmen kann, sollte mir eigentlich keiner das recht aberkennen, mich für unabhängig zu erklären, solange ich alles was außerhalb meines territoriums liegt nicht negativ beeinflusse.

der oder die länder ringsrum können mit mir ganz normal verträge und so weiter abschließen, und möglicherweise schließe ich mich früher oder später sogar zu irgendwelchen bündnissen an, die weitere vorteile für alle beteiligten bieten. aber grundsätzlich gilt hier auf meinem grundstück erstmal mein eigenes gesetz.

was ist also das problem? etwa die bodenschätze unter meinem arsch, die lieber nicht ich sondern andere zu geld machen wollen? oder die schöne meeresküste mit den ganzen hotels und dem vielen wind für meine offshore-energieparks? oder die frischwasserquellen, die viel befahrene meerenge und das ganze potentielle bauland? ich glaube, dieses „du darfst dich nicht von deinem hoheitsgebiet lossagen“ ist purer imperialismus…
aeon
Es ist ja recht kritisch zu betrachten, was Russland tut. Ist es ein bewaffneter Angriff?
Russland hat gegen das Gewaltverbot (UN Charta, Art. 2, Abs.4) verstoßen - laut IGH ist ein "Grenzvorfall" kein bewaffneter Angriff. Wie ist das nun also einzuorden. Laut UN-Definition von Agression ist Russland Agressor. In diesem Fall verhalten sich die Truppen Russlands in der Ukraine stationierungswidrig - sie Verhalten sich gegen die im Stationierungsvertrag mit der Ukraine festgehaltenen Vorgaben, iindem sie wichtige ukrainische Kommunikationspunkte sowie Hafen- und Militäreinrichtungen besetzen bzw. blockieren

Diese Abspaltungsforderung indes ging nie originär von der Krim aus - sondern Russland forderte und implementierte dieses Referendums. (wenn ich das richtig verstanden habe)

Die Frage die man sich nun stellen kann: sind freie Wahlen - oder ein demokratisches Volksbegehren in einem von militärischen Truppen besetzten Landes möglich?

Wie ist die Militärpräsenz in den Wahllokalen zu bewerten? Wie dieser Boykottaufruf der von dubiosen Stellen gestartet wurde?
Die Legitimität des Referendums wird hier nicht in Frage gestellt, weil man das Begehren der "russischen Minderheit" auf der Krim nicht für voll nimmt, sondern weil das Zustandekommen auf illegitime Art und Weise geschah.
(Als Vergleich hierzu empfehle ich sich mal über die Unabhängigkeit Tibets zu informieren)

Hinzu kommt, dass Russland sich - und das weiß die UN und das weiß die NATO und das wissen du und ich - einen Scheiß um die Krim-Bewohner kümmert, sondern seinen Standpunkt am Schwarzen Meer nicht verlieren will, was nach den jüngsten Entwicklungen in der Ukraine mittelfristig durchaus hätte passieren können. Das sind natürlich Werturteile, die allerdings *imho* (schlechterweise) dennoch bei der Bewertung am Schluss der Betrachtung durchaus mit reinspielen...
mcnesium
jetz hör doch mal auf mit russland, das interessiert doch hier erstmal gar nicht. die krim-bewohner wollen nicht mehr ukrainer sein, weil isso. dass krim und ost-ukraine keinen bock auf tymoschenko, klitschko und die majdan-revolution haben, ist nicht erst seit dem wie auch immer zustande gekommenen referendum bekannt. warum pfercht man diese zwei unterschiedlicher kaum möglichen bevölkerungsgruppen denn in eine ländergrenze, statt ihnen die möglichkeit zu geben, jeder seinen eigenen scheiß zu machen? die west-ukrainer machen einen auf EU, die ost-ukrainer rennen zu den russen. wo ist das problem? das problem ist, dass den entscheidern im hintergrund die bevölkerung völlig am arsch vorbei geht. wie gesagt: imperialismus.
Juri
​​
myrmikonos
niXel
Zitat(mcnesium @ 18 Mar 2014, 14:14)
jetz hör doch mal auf mit russland, das interessiert doch hier erstmal gar nicht. die krim-bewohner wollen nicht mehr ukrainer sein, weil isso.


Ganz so einfach ist es nicht. Ich würde auch wählen was auch immer man von mir verlangt, wenn

  • ein Haufen Bewaffnete in meine Heimat kommen
  • allen die mich schützen könnten eingesperrt werden und ich den „friedlichen Besuchern“ somit ausgeliefert bin
  • mir auch die Medien genommen, die zu meiner Identität gehören, damit mir und gleichgesinnten auch jegliches Sprachrohr genommen wird
  • diverse militärische Übungen vor meiner Haustür stattfinden, um mir zu zeigen, dass ich ja keinen „Fehler“ machen soll
  • mir auch von den Organisatoren der „Wahl“ beispielsweise nicht mal die Möglichkeit gegeben wird, den ist-zustand beizubehalten und ich dadurch auch weiß, dass auch die Organisatoren nicht auf meiner Seite sind.


Es geht nicht darum, dass
Zitat(mcnesium)
stimmen von russischen provokateuren stammen

sondern darum, dass ich vermutlich einfach machen würde was sie von mir erwarten und, sofern möglich, schnell die Beine in die Hand nehme und mir eine neue Heimat suche, wenn ich „anders denke“ als die Besatzer.
Sollten wirklich 5% dagegen gestimmt haben, haben sie vermutlich keine gute Zeit.
Würde das selbe in Sachsen passieren würde ich vermutlich auch für den Anschluss an Russland stimmen - egal was ich davon wirklich halte.

Es ist für niemanden auf der Welt nachvollziehbar, was „die Ukrainer“ wirklich wollen - und die Russen interessiert es einfach nicht. Eine freie Wahl war das jedoch nicht.
Giovanni
Die Krimbewohner... sind soviel ich weiß schon lange pro-russisch, nicht erst seit Majdan.

60 % Russen und nur 25 % Ukrainer wohnen dort.

Ich wüßte zugern, wie niXel dazu kommt, zu behaupten, die Russen wären gezwungen worden prorussisch zu entscheiden... vor allem seit die vor einer Weile international auf den Weg gebrachte Gesetzesvorlage zur Gleichstellung der Russen bzw. der russischen Sprache in der Ukraine einfach nicht umgesetzt wurde. Man informiere sich über Swoboda...

niXel
Zitat(Giovanni @ 21 Mar 2014, 11:58)
Ich wüßte zugern, wie niXel dazu kommt, zu behaupten, die Russen wären gezwungen worden prorussisch zu entscheiden...


Ich bin auch davon überzeugt, dass der Wahlausgang auch Pro-Russisch ausgegangen wäre, wenn das ganze Vorgeplänkel nicht dagewesen wäre.
Tatsächlich halte ich es sogar nur für einen Zufall, dass die Krim je an die Ukraine ging.

Nichtsdestotrotz war die Wahl nicht frei. Und nur das habe ich in dem Beitrag darüber geschrieben.
Angesichts der entstandenen Umstände ist es halt vollkommen egal was der einzelne Bürger wählen wollte (vielleicht auch eine ganz andere Lösung?), da man aufgrund der im Beitrag genannten Punkte ohnehin nichts anderes wählen würde.

Bin mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, was Du daran nicht verstanden hattest. yeahrite.gif