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Vollständige Version anzeigen: Spektakuläre Entdeckung in der Evolution
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Evolution

Hitzkopf bricht Mendels Regeln
Von Stefanie Schramm

29. März 2005
Kreuzt man zwei Pflanzen einer Art, die das gleiche rezessive Merkmal aufweisen, so tragen auch alle ihre Nachkommen dieses Merkmal. So hat es Johann Gregor Mendel vor 140 Jahren in seinem Klostergarten herausgefunden, und so steht es heute noch in den Schulbüchern. Doch die Sache ist offenbar komplizierter. Eine Forschergruppe um Susan Lolle und Robert Pruitt von der Purdue University in West Lafayette/Indiana hat entdeckt, daß einige Nachkommen von Pflanzen mit einer rezessiven Mutation wieder normal waren, obwohl sie von ihren Eltern nur defekte Gene geerbt haben konnten. Als die Wissenschaftler das Erbgut des Nachwuchses untersuchten, stellten sie fest, daß die Fehler in der DNS-Sequenz mit der korrekten Version überschrieben worden waren.

Zwar ist bekannt, daß Nachkommen von Mutanten unter besonderen Umständen wieder zur Normalform zurückkehren können, doch in den bisher erforschten Fällen wurde die Abfolge der DNS-Bausteine nicht verändert. Auch weiß man, daß Mutationen korrigiert werden können, aber dazu muß mindestens ein fehlerfreies Exemplar des jeweiligen Gens vorliegen. Lolle und ihre Kollegen suchten das komplette Genom der wiederhergestellten Pflanzen nach einem versteckten Duplikat ab, fanden jedoch keines. Deshalb vermuten sie, daß es eine Sicherheitskopie in Form von Ribonukleinsäure (RNS) außerhalb der Chromosomen gibt. Auf diese Weise könnten auch genetische Informationen aus weiter zurückliegenden Generationen weitergegeben werden.

Auf die regelwidrige Rückfälligkeit des Mutantennachwuchses wurden die Forscher aufmerksam, als sie an der Laborpflanze Ackerschmalwand Gene erforschten, die für die Oberhaut des Krauts zuständig sind. Unter anderem untersuchten sie Pflanzen, bei denen das Gen mit dem Namen "Hothead", also "Hitzkopf", verändert war. Diese Mutation bewirkt, daß die Blütenblätter und andere Organe zusammenwachsen. Obwohl bei den Pflanzen beide Exemplare des Gens defekt waren, entwickelten bis zu zehn Prozent ihrer Nachkommen völlig normale Blüten.

Alle herkömmlichen Erklärungen für dieses Phänomen konnten die Forscher ausschließen, berichten sie in der Zeitschrift "Nature" (Bd. 434, S. 505). Die Ergebnisse bezeichnet Detlef Weigel vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen in einem Begleitartikel als "spektakuläre Entdeckung". Vollkommen unklar ist freilich noch, woraus die zusätzlichen Sicherheitskopien der Gene bestehen und wie sie hergestellt, weitergegeben und eingesetzt werden. Gegen eine Abspeicherung in der RNS spreche, daß diese noch anfälliger für Mutationen sei als die DNS, sagte der Evolutionsbiologe David Haig von der Harvard University der "New York Times".

Der außergewöhnliche Vererbungsmechanismus dient möglicherweise dazu, den Vorrat an genetischer Variation aufzustocken, vermuten Lolle und Pruitt. Dies sei besonders bei selbstbestäubenden Pflanzen wie der Ackerschmalwand sinnvoll, um die negativen Auswirkungen der Inzucht zu vermeiden. Darüber hinaus könnten mit den Sicherheitskopien nachteilige Veränderungen des Erbguts wieder ausgebügelt werden. In diesem Fall löse womöglich der Stress, der für die Pflanze durch die Mutation entsteht, das Überschreiben der fehlerhaften Information aus. Ein solcher Selbstheilungsmechanismus könnte eines Tages für die Gentherapie interessant werden. Derzeit weiß man allerdings noch nicht einmal, ob auch andere Lebewesen außer der Ackerschmalwand diesen Trick beherrschen.

Quelle: FAZ.net
t.a.k.1
das ist schon eine krasse erkenntnis, wie wenn man plötzlich feststellt, das doch alles anders ist sensation.gif
papajoe
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nature strikes back \m/ dev.gif