Palermo Shooting – Teil 3

… Wim Wender meets Dresden(ers) – Dresden Shooting

von Michael Winkler

Stars haben mitunter ihre Eigenheiten, auch mit dem Wort „Allüren“ umschrieben. Und Möchtegern-Stars haben scheinbar die größten Allüren, denn sie können mit der erhöhten Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit häufig nicht wirklich umgehen und werden letztlich teilweise zu dem, was aus ihnen gemacht wird: ein Star. Sie werden jedoch nicht zu Herrn A oder Frau B, der oder die ein Star ist, sondern zu einem Star, der eben A oder B heißt. Die meisten Stars wirken daher auswechselbar und es scheint, dass letztlich nur eines einen Menschen zu einem wirklichen Star machen kann: Authentizität. Mit anderen Worten: er bleibt er selbst und kann sich dennoch verändern. Mit noch anderen Worten: er kann auch 40 Jahre nach seiner Schulzeit noch mit seinem früheren Banknachbarn ein Bierchen trinken, auch wenn dieser gerade von seiner Maler-, Fleischer- oder Bankerschicht kommt.

Wim Wenders könnte zu diesen authentischen Stars gehören, was ihm m.E. auch das Leben nach außen hin schwer macht. Vielleicht nicht ihm selbst, doch der Öffentlichkeit. Man erwartet von einem Star wohl irgendwie auch Starallüren, sonst hat er das Wort „Star“ nicht verdient. Erst später merkt man, dass die richtigen Stars auch gar keine Stars sein wollen. Sie wissen, dass sie gar nicht anders können, selbst wenn sie sagen würden, dass sie keine Stars sind oder sein wollen. Wenders wählt vielleicht sogar die cleverste von allen Möglichkeiten, so auch bei „Palermo Shooting“; er packt brüchige Themen wie den Tod an und enthebt sich damit selbst dem Starrummel ein wenig.

Diverse Fragen blieben – auch nach 30 Minuten „Kreuzverhör“ – dennoch eine Weile im Raum stehen bzw. ergaben sich vielleicht auch erst aus den vorangegangenen Fragen bzw. aus den Rezensionen der letzten Wochen. Bert Rebhandls Artikel in der FAZ-Online endet beispielsweise mit den Worten: „Wim Wenders ist mit „Palermo Shooting“ an einem prekären Punkt angelangt: Er zeigt sich in einem Film, der wesentlich vom Sehen handelt, selbst blind für die Last der Bedeutung, mit der er den Blick verstellt.“ (Link)
Fragt sich nur, ob sich der Rezensent nicht vorher selbst den Blick verstellt hat und es nun Wenders „in die Schuhe schieben“ möchte?

Es bleibt abzuwarten, ob die Deutschen nach dem wirtschaftlichen Segen, den ihnen die USA in den letzten knapp 60 Jahren gebracht haben, auch die geistige Freiheit, den „American Spirit“ sozusagen, auch verdauen können bzw. vorher wollen. Die allermeisten in die USA emigrierten deutschen Künstler blieben trotz allen Heimwehs wohl letztlich doch lieber in den Staaten. Und Wenders kommt nach 30 Jahren zurück? Und auch noch mit einem Film über ein Tabu-Thema? Und nicht mal ein „sexy“ Thema, sondern ausgerechnet der Tod musste es sein. Dafür kann man den Star, der eigentlich gar keiner sein möchte und schon gar nicht sein muss, ruhig in den Starhimmel heben, um ihn dann selbstständig wieder zu demontieren. Das sieht dann auch wenigstens nach „deutscher Wertarbeit“ aus ... und wird mitunter auch gut bezahlt.

Hmm, Wim Wenders kann es wohl erst einmal recht gleich sein, wie man seine Filme aufnimmt. Wer kein Star sein muss, schert sich letztlich wenig um die Rezensionen, auch wenn keine spurlos an ihm vorbeigehen wird – direkt oder indirekt. „Palermo Shooting“ hat vielleicht auch eher das Schicksal eines DVD-Klassikers, denn viele Dinge erschließen sich erst beim zweiten oder dritten Anschauen.

Den meisten Besuchern der Filmpremiere am 24.10.2008 in der „Schauburg“ war dies alles nicht so wichtig. Einige hatten Bücher zum Signieren mitgebracht, anderen war das persönliche Gespräche wichtig und wieder andere nutzen es für ein simples „Dresden Shooting“.



„Palermo Shooting“ läuft noch bis Mittwoch, den 24.12. 2008, in der „Schauburg“.

PS: Hier geht’s (immer noch) zum Film-Trailer.
PPS: 4. & letzter Teil „Wim Wender … and what else?“ folgt demnächst.



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Wim Wenders im Gespräch mit dem Publikum … und beim „Dresden Shooting“.