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Vollständige Version anzeigen: Fair Trade und Globalisierungskritik
Pusteblumenkohl
Die von Globalisierungsgegnern vertretene Ansicht, dass Freier Handel eine Gefahr darstellt sollte bekannt sein. Trotzdem zunächst eine kleine Einführung:

Das Schreckensgespenst Outsourcing jagt so manchem Arbeitnehmer einen Schauer über den Rücken. Arbeitsplätze werden nach Fernost verschoben, weil dort die Gehälter niedriger sind und der entsprechende Konzern an sozialen Richtlinien wie in Deutschand nicht gebunden ist. Die Sweatshops der Textil,Spielzeug und Elektronikindustrie welche anstelle der amerikanischen oder europäischen Fabriken in Fernost errichtet werden, erfüllen tatsächlich nicht im mindesten humanitäre Standarts. So ist es verboten Gewerkschaften zu bilden, geschieht es doch werden sie durch die lokale Polizei zerschlagen oder die Betriebe wandern einfach in ein andere Region. Der Stundenlohn liegt zumeist unter dem landesüblichen Mindesteinkommen und reicht kaum zum überleben (0,19 - 0,35 US$ pro Stunde) . Es gibt keine Arbeitsschutzmaßnahmen. 12 bis 24 (in Stosszeiten) Stundenschichten (zwischen 6 und 7 Tagen pro Woche) sind üblich. Überstunden werden nicht bezahlt jedoch unter Strafandrohung erzwungen. Beschäftigt werden zumeist junge Frauen (zwischen 18 und 27 Jahren) aus dem ländlichen Umfeld. Sollte es zu Schwangerschaften kommen, werden sie aus dem Betrieb gemobbt (indem sie schwere körperliche Tätigkeiten übernehmen müssen), zur Abtreibung gezwungen oder grundlos gekündigt. Kinderarbeit ist ebenfalls keine Seltenheit. Die bekanntesten Konzerne welche in Sweatshops produzieren lassen sind : Nike, Adidas, Reebok, Levis, GAP, Wrangler, Disney, Matell, Toys'r'Us.

Auf der anderen Seite ist das von der WTO vertretene Credo, dass nur ein freier Markt den Wohlstand der menschlichen Zivilisation garantiert. Auch ärmere Bevölkerungsschichten würden weltweit davon profitieren, da sich ihre Lebensbedingungen auf kurz oder lang durch ein Tear-Down (Der Reichtum sickert durch) Effekt verbessern. Auch die Ansicht dass Privatisierung aller Sektoren Verbesserungen im täglichen Leben davontragen wird, wird von führenden Konzernen vertreten. So haben alle Grossen Konzerne wie Nike, Adidas, Reebok, Levis, GAP, Wrangler, Disney, Matell, oder Toys'r'Us einen individuellen ethischen Verhaltenskodex entwickelt. Der jeweilige Kodex enthält Richtlinien, welche etwa die Gründung von Gewerkschaften fördern, Kinderarbeit untersagen, die Zahlung gesetzlicher Mindestlöhne garantieren und/oder Arbeitsschutzbestimmungen durchsetzen. Diesen eigenen Kodex halten sie, nach ihren eigenen Angaben, rigoros ein und setzen ihn, ebenfalls nach ihren eigenen Angaben, auch bei ihren Zulieferen durch.

Buchtipps:

Kontra Globalisierung

Noam Chomsky - Profit over people amazon Link
Naomi Klein - No Logo amazon Link
Grefe,Greffrath,Shumann - attac. Was wollen die Globalisierungsgegner? amazon Link

Pro Globalisierung
Aynd Rand - Atlas Shrugged amazon Link
Aynd Rand- The virtue of selfishness: a new concept of egoism Amazon Link

Links:

Attac Bewegung
www.attac.de

Welthandelsorganisation (WTO)
http://www.wto.org


so zum Thema : durch die Anschläge vom 11.9. wurde die globalisierungskritik der späten 90er Jahre aus der Medienlandschaft verdrängt. Heute wird in allgemein rezipierten Medien nur noch sporadisch über das Thema berichtet. Mich würde interessieren ob es dadurch wirklich aus der allgemeinen Wahrnehmung verschwunden ist. Spielt es für euch noch eine wesentliche Rolle wie die Produkte die ihr kauft produziert werden ? Ist es wichtig als Konsument kritisch zu sein? Setzt ihr euch aktiv oder passiv für oder gegen die Neoliberale Bewegung ein ?
Hrothgar
Zitat(Pusteblumenkohl @ 07 Mar 2006, 00:46)
so zum Thema : durch die Anschläge vom 11.9. wurde die globalisierungskritik der späten 90er Jahre aus der Medienlandschaft verdrängt. Heute wird in allgemein rezipierten Medien  nur noch sporadisch über das Thema berichtet. Mich würde interessieren ob es dadurch wirklich aus der allgemeinen Wahrnehmung verschwunden ist.

Echt? Ich finde das man da fast jeden Tag was zu lesen/hören/sehen kann. Es vergeht doch kaum eine Woche in der nicht irgendwo gestreikt wird weil eine Firma zumacht oder Arbetsplätze abwandern. Wie man das "sporadisch" nennen kann versteh ich ehrlich gesagt nicht.

Zitat(Pusteblumenkohl @ 07 Mar 2006, 00:46)
Spielt es für euch noch eine wesentliche Rolle wie die Produkte die ihr kauft  produziert werden ? Ist es wichtig als Konsument kritisch zu sein?
*


Zunächst mal eine Info am Rande: Plenken ist unschön.

Jetzt zu deinen Fragen. Mir ist wenn ich ehrlich bin wurscht wie die Sachen hergestellt werden. Ich konsumiere nunmal Dinge die man nicht auf 100% ökologische Weise und sozialpolitisch höchstem Niveau produzieren kann. Wo es geht, versuche ich Produkte aus hiesigen Landen zu erwerben das hat aber auch seine Grenzen.

Zitat(Pusteblumenkohl @ 07 Mar 2006, 00:46)
Setzt ihr euch aktiv oder passiv für oder gegen die Neoliberale Bewegung ein ?

Die Globalisierung ist zunächst mal keine neoliberale Bewegung auch wenn sie im Moment viele gemeinsame Merkmale haben mögen. Was soll man unter aktiv dagegen einsetzen verstehen? Auf die Straße gehen und dagegen protestieren das in China Fernseher billiger hergestellt werden? Ich find das Wetter im Moment auch Scheiße.
Mal im Ernst, gegen natürliche Prozesse kann man nichts machen außer man ändert das System in dem die vorkommen so sehr das die Rahmenbedingungen für diese Prozesse nicht mehr gegeben sind. Wir wollen Freiheit für die Bürger also muss ein Unternehmer auch die Freiheit haben, selbst zu entscheiden wo er seine Produkte herstellen lässt.
Die Alternative hieße zurück zum Nationalstaat der Vorkriegszeit mit Handelsschranken und Schutzzöllen. Das kann keiner wollen und ist auch unrealistisch.
Im Moment können wir in Deutschland nur versuchen mit der Situation so gut klar zu kommen wie es eben geht. Das bedeutet auch das der Staat mehr auf Bildung und Forschung setzen müsste was er aber viel zu wenig tut. In einigen Jahren, ich würde etwa 20 bis 30 schätzen, wird die ganze Globalisierung eh an Schwung verloren haben. Der ganze Grund warum das im Moment so eine unheimliche Dynamik entwickelt ist der enorme Unterschied zwischen der Ersten Welt und den Schwellenländern. Ist dieser Unterschied, ähnlich wie in einem Wettersystem, ausgeglichen, legt sich auch der Sturm, wobei es natürlich gut sein kann, das sich das allgemeine Lebensniveau auf einem Pegel etwas unterhalb dem heutigen in Deutschland einstellen wird.

Hrothgar
Pusteblumenkohl
Offtopic:
Zitat
Zunächst mal eine Info am Rande: Plenken ist unschön.

Mich störts nicht .





Zitat(Hrothgar @ 07 Mar 2006, 15:20)
Echt? Ich finde das man da fast jeden Tag was zu lesen/hören/sehen kann. Es vergeht doch kaum eine Woche in der nicht irgendwo gestreikt wird weil eine Firma zumacht oder Arbeitsplätze abwandern. Wie man das "sporadisch" nennen kann versteh ich ehrlich gesagt nicht.

Zugegeben sporadisch war ein wenig übertrieben. Trotzdem muss ich anmerken, dass Berichte über den Iran und die Fundamentalismus Debatte überwiegen eindeutig überwiegen.


Zitat
Was soll man unter aktiv dagegen einsetzen verstehen? Auf die Straße gehen und dagegen protestieren das in China Fernseher billiger hergestellt werden? Ich find das Wetter im Moment auch Scheiße.
Mal im Ernst, gegen natürliche Prozesse kann man nichts machen außer man ändert das System in dem die vorkommen so sehr das die Rahmenbedingungen für diese Prozesse nicht mehr gegeben sind. Wir wollen Freiheit für die Bürger also muss ein Unternehmer auch die Freiheit haben, selbst zu entscheiden wo er seine Produkte herstellen lässt.


Der Vergleich hinkt. Ein Unternehmer ist ebenfalls ein Bürger. Wenn ich die Freiheit des Bürgers in seiner Funktion als Unternehmer einschränke, heisst das nicht dass ich ihm seine bürgerlichen Rechte ebenfalls einschränken muss.


Zitat
Die Alternative hieße zurück zum Nationalstaat der Vorkriegszeit mit Handelsschranken und Schutzzöllen. Das kann keiner wollen und ist auch unrealistisch.

Ich wage zu behaupten dass ein dritter, Weg möglich ist, in welcher der Freie Händel einem unabhängigen Kontrollsystem unterworfen ist und nicht nur "sich selbst" kontrolliert.
Denkbar wäre eine Kooperation von Nicht Regierungs Organisationen zusammen mit der UN. Ich glaube es gab da schonmal ein dementsprechenden Untersuchungsauschuss, der aber leider unter Reagan aufgelöst wurde.


Zitat
Im Moment können wir in Deutschland nur versuchen mit der Situation so gut klar zu kommen wie es eben geht. Das bedeutet auch das der Staat mehr auf Bildung und Forschung setzen müsste was er aber viel zu wenig tut. In einigen Jahren, ich würde etwa 20 bis 30 schätzen, wird die ganze Globalisierung eh an Schwung verloren haben. Der ganze Grund warum das im Moment so eine unheimliche Dynamik entwickelt ist der enorme Unterschied zwischen der Ersten Welt und den Schwellenländern. Ist dieser Unterschied, ähnlich wie in einem Wettersystem, ausgeglichen, legt sich auch der Sturm, wobei es natürlich gut sein kann, das sich das allgemeine Lebensniveau auf einem Pegel etwas unterhalb dem heutigen in Deutschland einstellen wird.

Ich würde das nicht so pauschal einer Selbstregulierung unterwerfen wollen. Welchen Grund gäbe es marktwirtschaftlich den Wohlstand in der 3. Welt anzuheben ? Die Trennung zwischen Produzent und Konsument läuft doch optimal, und die Risiken der Markterschliessung durch Wohlstandsförderung in der 3.Welt wären einfach zu gross.


Pusti


Zitat
Hrothgar
*

wie zur Hölle spricht man deinen Namen aus ? smile.gif
Kramsky
Zitat(Hrothgar @ 07 Mar 2006, 15:20)

Im Moment können wir in Deutschland nur versuchen mit der Situation so gut klar zu kommen wie es eben geht. Das bedeutet auch das der Staat mehr auf Bildung und Forschung setzen müsste was er aber viel zu wenig tut. In einigen Jahren, ich würde etwa 20 bis 30 schätzen, wird die ganze Globalisierung eh an Schwung verloren haben. Der ganze Grund warum das im Moment so eine unheimliche Dynamik entwickelt ist der enorme Unterschied zwischen der Ersten Welt und den Schwellenländern. Ist dieser Unterschied, ähnlich wie in einem Wettersystem, ausgeglichen, legt sich auch der Sturm, wobei es natürlich gut sein kann, das sich das allgemeine Lebensniveau auf einem Pegel etwas unterhalb dem heutigen in Deutschland einstellen wird.


*


innerhalb der EU würd ich dir beipflichten, früher oder später werden auch Länder wie Polen usw ihre Lohnnebenkosten anheben und unattraktiver werden, aber weltweit gesehen wird sich das nicht so schnell vollziehen, denn da gibt es leider genug Länder wo du für nen Appel und n Ei ne Fabrik hochziehen kannst
Hrothgar
Zitat(Pusteblumenkohl @ 07 Mar 2006, 15:44)
Offtopic:

Mich störts nicht .

Mag sein, aber es gilt seit über 20 Jahren im Usenet als unhöflich weil es die Lesbarkeit erschwert Stichwort: Zeilenumbruch.

Zitat(Pusteblumenkohl @ 07 Mar 2006, 15:44)
Zugegeben sporadisch war ein wenig übertrieben. Trotzdem muss ich anmerken, dass Berichte über den Iran und die Fundamentalismus Debatte überwiegen eindeutig überwiegen.

Es gibt halt immer aktuelle Themen die die langfristigen in ihrer Medienpräsenz übertreffen. Das ist eben so, es heißt aber nicht, das das langfristige Thema nicht mehr vorkommt.


Zitat(Pusteblumenkohl @ 07 Mar 2006, 15:44)
Der Vergleich hinkt. Ein Unternehmer ist ebenfalls ein Bürger. Wenn ich die Freiheit des Bürgers in seiner Funktion als Unternehmer einschränke, heisst das nicht dass ich ihm seine bürgerlichen Rechte ebenfalls einschränken muss.

Du schränkst sein Recht ein, sich frei zu entwickeln. Letztlich würdest du jede Wirtschaftsform unter staatliche Kontrolle stellen müssen und das das nicht funktioniert ist ja nun mehr als hinlänglich bewiesen.

Zitat(Pusteblumenkohl @ 07 Mar 2006, 15:44)
Ich wage zu behaupten dass ein dritter, Weg möglich ist, in welcher der Freie Händel einem unabhängigen Kontrollsystem unterworfen ist und nicht nur "sich selbst" kontrolliert.
Denkbar wäre eine Kooperation von Nicht Regierungs Organisationen zusammen mit der UN. Ich glaube es gab da schonmal ein dementsprechenden Untersuchungsauschuss, der aber leider unter Reagan aufgelöst wurde.

Das ist nicht mehr und nicht weniger als eine Weltregierung die in die staatliche Souverenität jeder einzelnen Nation eingreifen müsste. Ein Traum mehr nicht wenn man sich mal anschaut wie das bei der EU so läuft.

Zitat(Pusteblumenkohl @ 07 Mar 2006, 15:44)
Ich würde das nicht so pauschal einer Selbstregulierung unterwerfen wollen. Welchen Grund gäbe es marktwirtschaftlich den Wohlstand in der 3. Welt anzuheben ? Die Trennung zwischen Produzent und Konsument läuft doch optimal, und die Risiken der Markterschliessung durch Wohlstandsförderung in der 3.Welt wären einfach zu gross.

Du unterliegst einem Fehler der sehr häufig in solchen Diskussionen aufkommt. Hier wird niemand absichtlich arm gehalten oder ganz gezielt, quasi im Sinne eines großen Masterplanes, ausgebautet. Auch die die heute profitieren steuern oder lenken diesen Prozess nicht, genauso wie sie das Wetter nicht steuern. Sie profitieren und das auf Kosten der Armen, keine Frage. Aber wenn du dir nur die Entwicklung in China ansiehst, erkennst du das es dort in den letzten Jahren einen enormen Wohlstandsanstieg (für eine kleine Minderheit von etwa 100 Millionen) gegeben hat. Das Land befindet sich momentan in einer sehr schwierigen Phase, es muss nämlich sicher stellen, das auch die Ärmsten jetzt etwas abbekommen und vom Aufschwung profitieren. Genau deshalb findet gerade ein Volkskongress statt. Blieben diese Probleme unerledigt würden sich die sozialen Spannungen, die sich im Moment aufbauen, irgendwann Gewaltsam entladen.
Und schließlich ist es ja auch im Sinn der Produzenten ein gewisser Reichtung der Konsumenten schlicht notwendig weil ein Bauer in der Lehmhütte kein Handy und kein Auto und keinen Computer kauft. In dem Zusammenhang hört man ja immer wieder das der Kapitalismus sich aus genau diesem Widerspruch irgendwann totlaufen müsste. Der olle Karl hat das ja vor über 150Jahren schon postuliert, allerdings ohne zu erkennen wie wandelfähig, flexibel und zäh der ist.

Hrothgar

PS: Die "echte" Dritte Welt, also Afrika muss man bei der ganzen Diskussion freilich gesondert betrachten weil dort in allererster Linie die mangelnde politische Stabilität das größte Hindernis für einen Aufschwung darstellt. Genau deshalb verlagert ja auch niemand seine Fabriken dorthin.