eXma » Diskutieren » Kunst und Kultur
Startseite - Veranstaltungen - Mitglieder - Suche
Vollständige Version anzeigen: Die flachste Baustelle der Welt
the cat empire
Die flachste Baustelle der Welt


Oder wie Sonya Kraus beschloss, ihre Witze aus dem Keller zu holen

Das Gute gleich vorneweg: Im Pressetext zur Theateradaption von Sonya Kraus’ „Baustelle Mann“ werden keine falschen Hoffnungen geweckt. Es soll, wie im gleichnamigen Buch, um eine Art Bauplan für die perfekte Beziehung gehen, die, durch ständige weibliche Manipulation erreicht werden könnte. Dazu müsse eine Frau allerdings verstehen, wie so ein Mann funktioniert. Das klingt weder originell noch nach einer Menge Spaß. Wer sich also trotzdem in den kerzenerhellten roten Saal im „wechselbad“ setzt, darf sich nicht wundern, was dann kommt: Eine Eine-Frau-Bühnenshow von Kati Grasse, die rein äußerlich nicht viel gemeinsam hat mit der prinzessinnengleich hingestylten Talk- (Talk Talk) Masterin. Dennoch scheint in jeder Sekunde ihres Monologes die dümmlich-laszive Fernsehpersona der Kraus durch, was man als schauspielerischen Erfolg werten muss.
Inszeniert wurde das Stück von Gerd Schlesselmann, also einem Exemplar jener Spezies, an der herumgeschraubt wird. Was aber treibt einen Mann im besten Alter dazu, ein Buch auf die Bühne zu bringen, das darauf abzielt, sein Geschlecht als Neandertaler, „nur mit weniger Haaren am Po“ abzustempeln? Das Positivste was man ihm unterstellen könnte, wäre mangelnder Sinn für Komik. Genauso gut könnte er aber auch, ganz gerissen, die geistige Flachheit des Werkes persiflieren wollen, in dem er es einer größtmöglichen Öffentlichkeit zum Spotte bereitstellt.
Leider, und das war das Erschreckende an diesem Theaterabend, johlte der Saal vor Vergnügen. Viele weibliche Exemplare, also die offensichtlichen Nutznießer des Bühnengeschehens, beklatschten jede noch so ausgekaute Zote über das auf Sex getrimmte Männchen. „Was sind die fünf R’s des Mannes im Bett? Rauf, Rein, Rammeln, Raus, Runter!“ Zustimmendes Gelächter. Von Anfang an kaum ein Satz ohne sexuelle Anspielung, die naturgemäß nur unter der Gürtellinie zuschlägt und dort auch gleich den Rest der Aufführung bestritt. So manche Frau mochte sich an ihrem Prosecco verschluckt haben, als Grasse-Kraus detailverliebt die Praktiken im Bett durchexerzierte. So oft wurde der Mann hinters Licht geführt und dann von oben bis unten durchleuchtet, dass einem die Frauen schon wieder leid tun konnten, die an so etwas Spaß, weil Berechtigung fanden. Das Ganze ähnelte einer ausgewachsenen Betriebsfeier, bei der der sonst so starre Chef einen über den Durst getrunken hat und nun Peinliches aus seinem Privatleben preisgibt, unter Vortäuschung von Ironie natürlich.
Die Tragödie zwischen Mann und Frau scheint das Thema zu sein, mit dem sich bisher die meisten Stücke im wechselbad (der Gefühle) auseinander setzten. So feierte im September die Adaption von Bernhard Ludwigs Kinoseminar „Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit“ erfolgreich Bühnenpremiere, in dem es vor geschlechtergeteiltem Publikum gilt, die Schwächen des Gegenüber zu erkennen – ein lustiges Unternehmen ohne bitteren Nachgeschmack. Oder auch das aktuell gebotene Rockmusical „Romeo & Julia“ in der modernen Version von Michael Fuchs, das sich in rationalisierter Besatzung durch die veronesischen Komplotte singt und tanzt und am Ende trotz all der Unterhaltung seine Helden tragisch sterben lässt. Die Liebe ist nun mal ein Schlachtfeld, das muss das Publikum akzeptieren. Nur kommt es auf die Kampfkunst an, ob der Protagonist glorreich siegt oder seine Leichen lieber still und heimlich im Keller verscharren sollte. Sonya Kraus hätte letzteres nicht geschadet.

[attachmentid=15950]
asmo
Da lob ich mir doch Caveman. cool.gif
Chris
Hmm schade. Der Caveman war sehr lustig. Und auch die Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit. Schade, dass es hier scheinbar nicht weitergeht.

Ich hab aber noch eine Frage:
Zuerst kam das Zeitalter der Frau (Feminismus, Frauenpower, Gleichberechtigung ... etc.)
Dann kam das Zeitalter des Mannes (neues Mannsein, feminine Seite, Schwul- und Metrosexuell)
Dann kam das Zeitalter der Harmonie (wir verstehen, das wir anders sind, aber wir müssen ja doch zusammen)
Und jetzt stecken wir voll im Zeitalter des Verständnisses (Wir können zwar nicht miteinander, aber wir wollen wenigstens verstehen, warum wir den anderen herausekeln).

Was kommt danach?
asmo
Zitat(Chris @ 26 Oct 2007, 15:14)
Hmm schade. Der Caveman war sehr lustig. Und auch die Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit. Schade, dass es hier scheinbar nicht weitergeht.

Ich hab aber noch eine Frage:
Zuerst kam das Zeitalter der Frau (Feminismus, Frauenpower, Gleichberechtigung ... etc.)
Dann kam das Zeitalter des Mannes (neues Mannsein, feminine Seite, Schwul- und Metrosexuell)
Dann kam das Zeitalter der Harmonie (wir verstehen, das wir anders sind, aber wir müssen ja doch zusammen)
Und jetzt stecken wir voll im Zeitalter des Verständnisses (Wir können zwar nicht miteinander, aber wir wollen wenigstens verstehen, warum wir den anderen herausekeln).

Was kommt danach?
*


Das Goldene Zeitalter (sich selbst genug sein).
abadd0n
Ich habe mir wirklich Mühe gegeben: Es ist schlicht unmöglich eine trefflichere und bessere Rezension zu finden.

abd shiny.gif