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116 116 - Die neue Finanz-Notrufnummer
Ab Juli kann der Verbraucher mit einem einzigen Anruf alle Handys oder Karten sperren

von Nando Sommerfeldt

110 und 112: diese Notrufnummern sind jedem ein Begriff. Künftig darf sich der deutsche Verbraucher noch eine weitere Zahlenfolge einprägen - die 116 116. Denn unter dieser sechsstelligen Gratis-Inlandsnummer (aus dem Ausland 0049/116 116) kann ab 1. Juli jeder eine zentrale Anlaufstelle erreichen, um den Verlust von Plastikgeld oder Handys schneller als bislang zu melden und eine Sperre zu veranlassen.

Bisher muß der Verbraucher mit den unterschiedlichsten Anbieter- und Vertragsnummern jonglieren, bis die Sperre endlich unter Dach und Fach ist. Nach Angaben von Michael Denck, Chef des Servicebetreibers "Sperr e.V." (01803/881881), gibt es allein für das Sperren von EC- und Kreditkarten über 100 Servicenummern. Die daraus entstehenden Verzögerungen können teuer werden. Denn wird mit gestohlenen oder verlorenen Karten Bargeld abgehoben oder eingekauft, passiert das meist innerhalb der ersten sieben bis acht Stunden nach Verlust. Nach Einschätzung von Notruf-Experte Denck könnte schnelleres Sperren Schäden von rund 40 Mio. Euro verhindern.

Die einheitliche Notrufnummer macht ab Juli alles einfacher. Ein Beispiel: Verliert man seine Geldbörse, ruft man die 116 116 an, und landet in einem Vermittlungs-Callcenter. Hier wird in einem anonymen Gespräch genau geklärt, was abhanden gekommen ist und was davon gesperrt werden kann und muß. Danach wird man dann mit den jeweils zuständigen Hotlines der Banken oder Unternehmen verbunden. Hat der Anrufer dann beispielsweise seine EC-Karte sperren lassen, wird er automatisch zur Hotline des nächsten Anbieters weitergeleitet - bis alle Sperrungen erfolgt sind. Dies alles geschieht kostenlos. Was nicht selbstverständlich ist, da einige Service-Nummern normalerweise nicht gebührenfrei sind.

Doch der Notruf kommt nicht nur beim Verlust von Kredit- und EC-Karte ins Spiel. "Grundsätzlich kann man über die 116 116 alles sperren, was sich im Portemonnaie befindet" erklärt Denck Denn auch Tank-, Kundenkarten und Mitarbeiterausweise können mit Hilfe dieser Nummer blockiert werden. Auch Handys - sie gehen am häufigsten verloren - können umgehend deaktiviert werden.

Aber damit nicht genug: Die Nummer umfaßt auch Dienste, an die man im ersten Moment gar nicht denkt. Denn verliert man beispielsweise seine PIN- oder TAN-Liste für das Online-Konto, besteht auch hier die Gefahr finanzieller Verluste. Oft weiß man gar nicht, an wen genau man sich in diesen Fällen wenden soll. "Überall wo man Benutzername, Paßwort oder PIN-Code benötigt, hilft die Nummer." Wird der Internet-Zugang des Providers oder bei Ebay geknackt, ist man ebenfalls bei der 116 116 richtig. Denn gerade bei Onlinemedien sind die Service-Abteilungen oft nur sehr schwer oder gar nicht zu erreichen.

Verbraucherschützer begrüßen das Konzept. "Man muß allerdings erst einmal abwarten, ob die Mehrzahl der betreffenden Unternehmen und Banken auch mitmacht", sagt Frank-Christian Pauli vom Verbraucherzentrale Bundesverband. "Denn für den Verbraucher wäre es sehr ärgerlich, wenn er sich auf die Nummer verläßt, und dann etwa im Urlaub feststellt, daß sie für seine Bank und Kreditkartengesellschaft nicht gilt." Aus diesem Grund fordert Pauli bis zum Starttermin am 1. Juli absolute Klarheit darüber, wer die neue Notrufnummer unterstützt. "Wir sind bereits mit allen betreffenden Unternehmen, Banken und Organisationen im Gespräch, und die Bereitschaft mitzumachen ist sehr groß", sagt Denck. "Am 1. Juli weiß der Verbraucher, wer dabei ist und wer nicht."

Artikel erschienen am Mo, 14. Februar 2005


Quelle: http://www.welt.de/data/2005/02/14/463229.html